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Der am 1. Juli 2021 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag hat virtuelle Spielotheken in Deutschland offiziell legalisiert. Was für die einen Grund zur Freude war, brachte bei den anderen Kritik hervor. Auch die Art der Regulierung findet nicht überall Zustimmung.
Legal ist Glücksspiel auch in der Schweiz, allerdings nach einem gänzlich anderen Konzept als in Deutschland. Hier bleibt die Oberhand bei den niedergelassenen Spielbanken. Ist das die bessere Lösung? Hätte Deutschland sich eher nach Schweizer Vorbild orientieren sollen?
Die Dominanz der Schweizer Spielcasinos im Online-Glücksspiel
Um in der Schweiz ein Online Casino zu betreiben, ist ein niedergelassener Standort Voraussetzung. Nur die großen Spielbanken haben die Option, eine erweiterte Lizenz zu beantragen und so den Umfang des eigenen Angebots zu verändern. Erst Ende 2023 entschied der Schweizer Bundesrat, zwei weiteren Casinos die Möglichkeit zur Expansion auf den Onlinemarkt zu geben.
Was stellenweise auf Lob stößt, bietet auch Anlass zur Kritik. Das Schweizer Konzept bietet anerkannten und seriösen Glücksspielanbietern aus Europa keine Möglichkeit, auf dem Markt Fuß zu fassen. Hier greift man im Land zu empfindlichen Kontrollinstanzen und setzt auf Netzsperren für Anbieter, die nicht aus der Schweiz stammen.
Spieler selbst wissen natürlich, wie sie diese umgehen können und genau hier liegt das Problem. Anbieter aus dem Graubereich erobern vorrangig jene Spieler, die sich nicht mit dem Angebot der Schweizer Spielbanken anfreunden können. Mittels VPN und IP-Verschleierung können auch Schweizer Bürger auf jedwede Spielothek im Internet zurückgreifen.
Problem: Es fehlt die Sicherheit einer Lizenzierung durch das Land. In Deutschland beispielsweise sehen Spieler auf einen Blick, ob die Behörden der gewählten Online-Spielothek eine Konzession gewährt haben. Das fördert Vertrauen.
In der Schweiz müssen die Menschen auf ihre eigene Expertise setzen, da es keine offiziellen Schweizer Lizenzen gibt (außer für die landbasierten Casinos). Obwohl die Maßnahmen insgesamt der Bekämpfung des Schwarzmarktes dienen sollen, ist der Effekt zumindest fragwürdig.
Deutschland setzt auf einen liberalen Glücksspielmarkt mit Lizenzvergabe für alle
Die Regulierung des deutschen Glücksspielmarkts basiert auf dem Glücksspielstaatsvertrag, der seit dem 1. Juli 2021 gilt. Glücksspielbetreiber, die sich an die dort geschaffenen Vorgaben halten, haben die Möglichkeit eine landesweit gültige Lizenz zu erhalten. Eine Niederlassung im Land ist hierfür nicht zwingend erforderlich.
Lange Zeit gab es kein landbasiertes Angebot, das zeitgleich im Online-Bereich aktiv war, Sachsen hat hier die Vorreiterrolle übernommen. Anfang 2023 eröffnete das erste Online-Casino, betrieben durch den Freistaat Sachsen.
Unabhängig vom landbasierten Sitz gelten auch hier die Vorgaben des GlüStV. Sie sehen unter anderem folgende Regelungen vor:
- Maximaler Einsatz pro Monat bei 1.000 Euro (auf Antrag Erhöhung möglich)
- Ausschließlich Automatenspiel, keine Tischspiele
- Regelmäßige Prüfungen der Fairness durch staatliche Institutionen
- Maximale Einsätze pro Spin 1,00 Euro
Die sächsische Entscheidung basiert nicht zuletzt auf den gestiegenen Umsätzen im Online-Glücksspielmarkt. Über zehn Milliarden Euro waren in den Jahren seit der Legalisierung umgesetzt worden, in Sachsen hofft man auf einen Anteil von rund fünf Prozent. Trotz einer Rückausschüttung von 90 % der Gesamteinsätze bleibt laut Berechnungen der Casino Manager eine ansehnliche Summe für die staatlichen Interessen übrig.
Darüber hinaus hofft man, dass der Schwarzmarkt durch flächendeckende Angebote einzudämmen ist. Das Interesse am Online-Angebot ist vorhanden und lässt sich nicht regulieren. Um nicht legale Anbieter mit Lizenzen aus Malta und Curacao einzudämmen, braucht es ein attraktives Angebot und hier sind nach Sicht des Freistaates Sachsen auch die landbasierten Angebote gefragt.
Kassel will nachziehen und plant eigene Online-Casinos für Spieler aus Deutschland
Glücksspiel hat in Deutschland Kultur, viele der großen Spielbanken sind bereits seit Jahrzehnten eine feste Anlaufstelle für Einheimische und Touristen. Fakt ist aber auch, dass das Interesse am Online-Markt wächst und das hat nun auch Kassel erkannt. In Zusammenarbeit mit der Stadt Wiesbaden, Lotto Hessen und den Betreibern der Casinos in Wiesbaden und Kassel möchte man nun ebenfalls eine Onlinepräsenz ins Leben rufen.
Trotz geschätzter Gesamtkosten von 150.000 Euro sieht man das Projekt positiv. Es ist davon auszugehen, dass diese Investition in kürzester Zeit wieder ausgeglichen wird. So positiv die Pläne aus Sicht der Spielbanken sind, so negativ werden sie von Kritikern gesehen. Vor allem das Suchtpotenzial wird dabei erneut in den Fokus gerückt.
Gegner des neuen Plans warnen davor, dass Online-Glücksspiel schnell süchtig mache und damit eine Gefahr für Menschen darstelle. Die aktuelle Jamaika-Koalition tritt diesen Vorwürfen entgegen. Man argumentiert mit dem Schwarzmarkt, der bei fehlenden Alternativen kaum einzudämmen ist. Tatsächlich gab es im Jahr 2023 eine Studie aus Leipzig, die besagte, dass der Anteil an legalem und illegalem Glücksspiel bei rund 50 % liege.
Das zeigt klar, dass noch Handlungsbedarf besteht. Die Regulierung darf als mitschuldig für das Wachstum des Schwarzmarktes gesehen werden. Glücksspieler werden sich durch Eindämmungsmaßnahmen nicht vom Spiel abhalten lassen. Hier macht es mehr Sinn, ihnen geprüfte und seriöse Angebote zur Verfügung zu stellen.
Bis es in Kassel allerdings wirklich so weit ist, wird noch viel Zeit vergehen. Ende des ersten Quartals 2024 stehen gerade einmal die groben Pläne. Es wird darüber gesprochen, ob auch die renommierte Spielbank aus Bad Homburg ein Teil des Projekts werden könnte. Eine endgültige Abstimmung zur Umsetzung der Pläne steht noch aus, es kann also noch zu einer Ablehnung kommen.
Tritt Deutschland in die Fußstapfen der Schweiz?
Die Schweiz versucht die Eindämmung des illegalen Markts durch staatliche Onlineangebote und Netzsperren. Könnte das Konzept auch in Deutschland erfolgreich sein? Grundsätzlich ist es sinnvoll, den wachsenden Bedarf an Online-Spielotheken auch wirklich zu decken, um den Schwarzmarkt zuverlässig einzudämmen.
Nachdem man aber mit der Regulierung des Markts bereits erfolgreich für ein seriöses Angebot gesorgt hat, ergibt es wenig Sinn, jetzt noch einmal alles über den Haufen zu werfen. Anstatt dem Schweizer Vorbild zu folgen und den Markt ausnahmslos niedergelassenen Anbietern zu überlassen, ist eine hybride Lösung optimal.
Seriöse Anbieter aus Europa werden in Deutschland auch weiterhin die Möglichkeit haben, eine offizielle Lizenz zu erhalten und ihr Angebot auf dem Markt zu verbreiten. Den stationären Anbietern steht es darüber hinaus jedoch frei, sich ebenfalls zu verwirklichen.
Je mehr Abwechslung der Markt hervorbringt, desto positiver ist es für den Endverbraucher. Grundsätzlich muss das Ziel bei allen Entwicklungen sein, den starken Schwarzmarkt mehr und mehr in den Hintergrund zu rücken.