Heidi Zehentner, Redaktionsleitung
Morgens halb neun, Frankfurt, Nibelungenplatz. Ich stehe an der Fußgängerampel, der Verkehr rauscht an mir vorbei, ein Lieferwagen rutscht noch gerade so bei Orange über die Kreuzung – und lässt mich in einer Abgaswolke zurück. Es stinkt und zwar auf eine Art und Weise, die nicht gesund sein kann. Die Grenzwerte für den vorgegebenen Stickoxid-Ausstoß sind überschritten – uns droht der (Lungen-)Kollaps. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat entschieden, dass die Stadt Frankfurt ein Dieselfahrverbot zur Verbesserung der Luftqualität einführen muss. Deshalb wird es voraussichtlich ab Februar 2019 ein Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge der Norm Euro 4 und älter sowie für Benziner der Norm Euro 1 und 2 geben. Für Euro-5-Diesel wird das Fahrverbot ab September 2019 gelten. Das klingt klar, ist es aber nicht. Derzeit feilscht unsere Landesregierung über Ausnahmen von den Ausnahmen . Dass die CDU das forciert, nun ja, wundert wenig, aber die GRÜNEN! Von unserer Umweltschutzpartei Nummer 1 hätte ich doch andere Prämissen erwartet. Oder hab' ich da einen GRÜNEN-Trend verpasst, Herr Al Wazir? Auch die Kanzlerin hängt sich rein, eine verbindliche Vorgabe für die Autokonzerne jedoch bleibt aus. Die Leidtragenden des Fahrverbots sind die Besitzerinnen und Besitzer älterer Dieselwagen. All das ist nicht fair, all das trägt nicht zur Belustigung der Betroffenen bei und kann iin Zeiten von Landtagswahlen klar das kleine Quäntchen mehr sein, das die Entscheidung, wohin ich mein Kreuzchen setze, kippen könnte. Ich warte auf den Hybrid-Bus, der mich abends von Bockenheim wieder zurück ins Nordend tragen soll. Und wieder stinkt es, ungesund. Ich halte mir ein Taschentuch vor Mund und Nase. Für unsere Gesundheit und die unserer Kinder: Wir müssen etwas tun, um die Luft in den Städten, in Frankfurt nachhaltig zu entlasten. Nach der Wahl ist vor der Wahl? Liebe Parteien, Politik muss langfristig wirken, damit ich meine Partei langfristig wähle. Ob das eine (Wahl-)Drohung ist? Und ob! Ich erwarte von einer wählbaren Regierung, dass die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger an oberster Stelle steht und Taktierereien, die nur einem Machterhalt dienlich sein können, ausbleiben, auch wenn Schwarz oder Grün oder Rot oder ... sich dadurch bei einigen unbeliebt machen. Lasst uns doch mal ganz, ganz frech sein, gar unverschämt und die Autoindustrie in die Pflicht nehmen und fordern, dass diese die Nachrüstung auch monetär übernehmen muss. Und nicht nachgeben, auch wenn diese versuchen werden, Merkel und Co. wieder mit der düsteren und wirkungsvollen Drohung „Arbeitsplatzabbau“ zu erpressen , dann könnte man den Kleinunternehmer*innen, Pendler*innen und sonstigen Härtefällen eine schwere Bürde abnehmen und ihnen zugleich, so wie uns allen, deutlich mehr Lebenslänge in den Städten bescheren. Und mir stinkt es – hoffentlich nicht mehr lange!