Corona trifft uns alle … und doch einige mehr. Vor allem die Club- und Veranstaltungsbranche kämpft ums Überleben.
Was ist Kultur? Theater und Oper natürlich, auch Kunst und Literatur schenken uns kulturelle Freuden. Das aber tun auch Veranstaltungen, die nicht der sogenannten Hochkultur entspringen, sondern mit Konzerten aller Musikgenres und Clubevents zu Hochstimmung beitragen möchten. Schön langsam dürfen kleinere Konzerte, sofern für die Veranstalter*innen überhaupt finanzierbar, wieder stattfinden. Wann das Clubleben wieder zu erleben sein wird, steht in den Sternen. Oder im Corona-Masterplan der Regierung. Hungrig tanzen diverse Grüppchen nachts im Park oder Frankfurts Hinterhöfen, bewegen sich zu den treibenden Beats von Online-Raves, die viele Clubs viral anbieten. Wann wird es auch Lockerungen für die Clubkultur geben? Wann öffnen sich die Clubtüren von Adlib, Freud und Batschkapp? Und wie geht es Zoom, Tanzhaus West und Robert Johnson? Wie lange können die Frankfurter Clubs noch durchhalten?
>> Matthias Morgenstern, Tanzhaus West & Vorstand Clubs am Main e.V.
Seit Juni versuchen wir zusammen mit dem Theater Landungsbrücken einen Restart mit unserem neuen Konzept „Clubpicknick". Das Kulturprogramm mit gastronomischer „Betreuung" am Tisch, unter anderem mit ausgewählten Weinen und kulinarisch leckeren Häppchen, findet in unserem Sommergarten von Donnerstag bis Samstag jeweils ab 19 Uhr statt. Der Publikumszuspruch ist erfreulich groß und dient mir und meiner Belegschaft in Organisation und Umsetzung als kraftspendende Motivation. Gleichwohl ersetzen solche Lebenszeichen natürlich
wirtschaftlich nicht einen normalen Clubabend und „Clubpicknick" ist ein Sommerkonzept und somit abhängig vom Wetter. Spätestens Mitte September hat sich diese Outdoor-Option erledigt. Aus diesem Grund blicken wir besorgt auf den kommenden Herbst und die Wintersaison.Ohne nennenswerte Öffnungsperspektive geht vermutlich spätestens am Ende des Jahres vielen Clubs & Musikspielstätten finanziell die Luft aus. Fast alle der Clubs im Rhein-Main-Gebiet werden das nächste Jahr nicht überleben und selbst wenn sie sich durch drastische Reduktion der Betriebs- und Personalkosten à la Kurzarbeit in einer Art „Wachkoma" ins nächste Jahr retten, werden sie bei einer möglichen Wiedereröffnung im Frühjahr ohne ihr Stammpersonal dastehen, das sich dann notgedrungen andere Jobs in der Zwischenzeit gesucht haben wird.Schon jetzt sind die Auswirkungen der Schließung deutlich spürbar. Vermehrt unkontrollierte Partys und Ansammlungen an öffentlichen Plätzen wie z.B. an der Alten Oper, Friedberger Platz einerseits und erst ein rein symbolisch appellierender Umgang mit diesem Phänomen und bei Nichterfolg der Maßnahmen ein ebenfalls hilflos polizeilich-repressiver Weg andererseits sehen wir als eine zunehmende Gefahr für ein positiv besetztes urbanes Nachtleben. Clubs- und Musikspielstätten haben an normalen Wochenenden in Frankfurt/Offenbach rund 50.000 zumeist jüngere Gäste. Fällt diese kulturelle und soziale „Jugendarbeit" seitens der Clubs aus, suchen sich Jugendliche alternative Orte. Schon jetzt toben jedes Wochenende unkontrollierte Raves ohne Awareness oder Prävention und Umweltverschmutzung inklusive. Sie sind ein Folgeproblem der nach wie vor geschlossenen Clubs und Musikspielstätten. Wir benötigen einen Restart für unsere Kulturorte begleitet mit wirksamen Hygienekonzepten und gleichzeitige alternative und neue Angebote für öffentliche Plätze. Hierzu braucht es ein Stück weit Mut und Entschlossenheit, leider mangelt es den politisch Verantwortlichen daran entscheidend.