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„Es war einmal ein kleines Lamm namens Amanda. Doch weil viele ihren Namen nicht aussprechen konnten, nannten sie die anderen Schafe und Lämmer ganz einfach Lammanda. Den Spitznamen fand sie okay, doch ansonsten mochte sie die anderen nicht besonders. Anders als alle anderen hatte Lammanda nämlich kein weißes oder schwarzes Fell, sondern es war kunterbunt wie der Regenbogen. Und noch etwas an ihr war anders als bei allen anderen Schafen ...“ Der Auszug aus dem Kinderbuch „Lammanda und der Regenbogenpups“ verrät es schon, dieses Buch möchte mehr als Kleinkinder unterhalten. Es hat eine Botschaft. Und diese kommt von einer, die jedem und jeder als MOMO in der Verfilmung von Michael Endes gleichnamigen Klassikers bestens bekannt sein dürfte: der Schauspielerin Radost Bokel. Für die Mutter eines Sohnes war es ein Bedürfnis, Kindern Toleranz und Offenheit nahezubringen. Und das schon in sehr jungen Jahren. Unterstützt hat sie dabei der Frankfurter Autor Tim Boltz, der mit seinem Sprachwitz zu den Raritäten des deutschsprachigen Humors zählt.
> 15 €, ISBN 978-3-7432-1370-8, ab 3 Jahren, Loewe Verlag, durchgehend farbig illustriert von Mareike Ammersken
Die Akzeptanz von Anderssein ist das grundlegende Thema eures Kinderbuchs. Warum treibt euch das Thema so um? In einer allgemeinen, aber auch in persönlicher Sicht?
Radost: Als Mutter habe ich da natürlich einen ganz besonderen Zugang und verspüre eine besondere Verantwortung für dieses Thema. Ob in der Schule oder im Alltag meines Sohnes werde ich beinahe täglich mit diesen Themen konfrontiert. Ich glaube, auch daher war es Tim wichtig, dass jemand mit an Bord ist, der authentisch aus eigener Erfahrung über diese Punkte sprechen kann.
Tim: Absolut. Gerade weil ich keine eigenen Kinder habe, war es entscheidend, dass keine ausgedachten Probleme und Wahrheiten beschrieben werden, sondern diese Themen auch durch Erlebtes untermauerbar sind.
Ein wichtiges Thema, das angesichts politischer und gesellschaftlicher Strömungen auch so manch Großem gut tun würde … Warum ein Kinderbuch?
Tim: Kinder kennen von Hause aus weder Rassismus noch Diskriminierung. Das „erlernen“ sie erst durch die Welt der Erwachsenen. Daher ist es elementar wichtig, gerade im Kindesalter die richtigen Wege aufzuzeigen, wie wertvoll und bereichernd Unterschiede sein können und normal Anderssein ist.
Radost: Mit so einem Buch kann man spielerisch aufzeigen, dass vermeintliche Schwächen immer eine Frage der Perspektive sind und dass man mit einem Augenzwinkern und Verständnis schon viele Probleme lösen kann, bevor sie überhaupt zu echten Problemen werden. Uns war es wichtig, dass aber auch Erwachsene Spaß am Entdecken haben.
Tim: Richtig. Das Buch enthält daher auch viele kleine Hinweise, die nur Erwachsene verstehen, man denke nur an den Lammbada-Tanz oder den Seitenhieb, dass das W-LAMM in der Schafsherde immer so schlecht ist.
Lammanda. Wie kam es zu diesem Inhalt, wie zur Koop von Radost Bokel und Tim Boltz?
Radost: Ich habe selbst einige unschöne Erfahrungen mit Rassismus machen müssen. Besonders ein Vorfall hat bei mir Narben hinterlassen, als mein Sohn in einem Lebensmittelmarkt vor meinen Augen und Ohren rassistisch beleidigt wurde. Als ich dann Tim über eine gemeinsame Freundin kennenlernte und ihm davon erzählte, kamen wir schnell zu dem Entschluss, dass wir doch gemeinsam ein Buch über dieses Thema machen könnten.
Wie war die Zusammenarbeit? Ein kreativer Prozess birgt doch nicht nur Harmonie in sich, bedeutet nicht unbedingt, in allem übereinzustimmen …
Tim: Auch ein Vorurteil. Das verlief bei uns tatsächlich sehr unkompliziert. Ich überlegte mir die Charaktere und Geschichten und glich alles mit Radost ab, ob ihr das zusagt, was ich mir so ausgedacht hatte. Zum Glück waren wir uns eigentlich immer einig.
Radost: Tim ist der Schriftsteller, aber insbesondere bei den Grafiken haben wir uns dann immer wieder mit der Grafikerin abgesprochen, was wir gerne noch stärker bebildert hätten und in welche Richtung es gehen sollte. Aber auch hier lagen wir meist auf einer Wellenlänge, weil wir zwei einen sehr ähnlichen Humor haben.
Und in die Zukunft gefragt. Was steht als Nächstes an? Gemeinsam und einzeln?
Tim: Da laufen gerade einige Herdplatten parallel auf Hochtouren. Neben meiner monatlichen Bühnenshow „BUENOS DIAS FRANKFURT“ im Theater Alte Brücke bin ich mit meinen weiteren Programmen auf Tour und schreibe dazu eigentlich immer an einem bis zwei Buchprojekten. Vielleicht ist auch wieder ein Kinderbuch dabei.
Radost: Dieses Jahr wird ja das 50-jährige Jubiläum von Michael Endes Buch „Momo“ begangen und es gibt hierzu zahlreiche Anfragen aus den Medien. Ich erzähle gerne über die damaligen Dreharbeiten und Erlebnisse. Außerdem hoffe ich natürlich auch auf viele schöne Lesungen aus Lammanda und der Regenbogenpups.
Und nun noch 5 Fragen an jede:n von euch:
TIM BOLTZ
- Vorbild: Ich finde einzelne Facetten von Kollegen wie Sven Regener oder Heinz Strunk ganz großartig, aber jeder hat seine eigene Handschrift und das beanspruche ich auch für meine Werke.
- Lieblingsbuch: Immer das aktuelle Buch, an dem ich gerade arbeite. In diesem Fall also „Lammanda und der Regenbogenpups“.
- Lieblingsfilm: Auch das schwankt beinahe wöchentlich. Als letzten habe ich „Triangle of Sadness“ gesehen und fand einige Szenen ganz wunderbar beobachtet und wiedergegeben.
- Lieblingsort in Frankfurt: Die Dachterrasse eines zauberhaften, kleinen Hotels in der Innenstadt, dessen Namen ich aber nicht sagen werde, weil es sonst kein Geheimtipp mehr ist.
- Geht-gar-nicht-Ort in FFM: Die Warteschlange am Postamt in Bockenheim. Jedes Mal aufs Neue eine Herausforderung für mich.
RADOST BOKEL
- Vorbild: Rosemarie Fendel
- Lieblingsbuch: Natürlich auch „Lammanda und der Regenbogenpups“…
- Lieblingsfilm: -
- Lieblingsort in Frankfurt: Lohrberg
- Geht-gar-nicht-Ort in FFM: Leider die Zeil mittlerweile
Interview: Heidi Zehentner