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In Frankfurter Schwimmbädern können ab sofort ALLE Menschen oben ohne baden. So hat es die Stadtverordnetenversammlung beschlossen und Frauen und weiblich gelesenen Menschen damit ein ganz neues Badegefühl beschert. Wir sprachen mit Leser:innen darüber und mit der Autorin des Badeguides „Public Swimming“, Gabi Schirrmacher.
Text: Heidi Zehentner
Oben-ohne-Schwimmen, das haben schon einige Städte, darunter auch Wiesbaden, vorgemacht. Nun zieht Frankfurt nach. In Schwimmbädern wird ab sofort der Hinweis „Der Aufenthalt im Nassbereich der Bäder (Schwimmhallen, Becken der Freibäder) ist nur in üblicher Badekleidung gestattet“ um den anschließenden Nebensatz „die zumindest die primären Geschlechtsmerkmale bedecken muss" ergänzt. Und das heißt, dass niemand mehr ein Oberteil tragen muss – aber natürlich kann. Diskriminiert werden darf niemand, ob sie oder er nun einen Burkini oder nur eine Bikinihose tragen möchte.
Anlass für den Antrag von den GRÜNEN, der SPD, der FDP und Volt war ein Zwischenfall in Göttingen, bei dem eine non-binäre Person aus einem Schwimmbad verwiesen wurde, weil sie ihren Oberkörper nicht „angemessen“ bekleidet hatte, da sie vom Personal des Schwimmbades als weiblich identifiziert wurde. Es sei nicht länger vertretbar, dass Menschen unterschiedlichen Geschlechts und geschlechtlicher Identitäten nicht frei entscheiden könnten, wie sie sich kleiden.
Die Frankfurter Bäderbetriebe werden Mitarbeiter:innenschulungen und Workshops durchführen. Geschäftsführer Dr. Boris Zielinski weiß, dass seine Mitarbeiter:innen alles tun werden, um auftretende Schwierigkeiten zu vermeiden. „Die Frankfurter Schwimmbäder sind ein diskriminierungsfreier Ort. Wir wollen ein Ort des Treffens und Wohlfühlens für alle Menschen gleich welcher Herkunft, welchen Geschlechts oder Alters sein. Falls wir mit dieser Entscheidung Benachteiligungen vermeiden können, ist das dann sicherlich positiv zu bewerten.“
Baden oben ohne? Wie sehen es die FRIZZ-Leser:innen?
„Na endlich! Ich finde, das hat auch lang genug gedauert und ist ein wichtiger Schritt Richtung Gleichberechtigung und Selbstbestimmung. Ich habe, ehrlich gesagt, noch nie verstanden, warum Herberts behaarte und eingeölte Brust in die Sonne gehalten werden darf, während uns Frauen eingetrichtert wurde, penibel aufs Bikinioberteil zu achten.“
- Tara
„Die Tabuisierung des weiblichen Körpers – oft mit religiösem Ursprung – ist im 21. Jahrhundert aus der Zeit gefallen. Allerdings sind die Bäder gut beraten, nicht naiv an das Thema heranzugehen: Es wird mit Sicherheit Personen – vornehmlich Männer – geben, die sich respektlos und unangemessen verhalten. Ich hoffe, dass dann Sicherheitskräfte entschlossen eingreifen und Hausverbote ausgesprochen werden.“
- Michael
„Ein schwieriges und hochkomplexes Thema, zu dem es so viele Für und Wider gibt, dass ich keine definitive Meinung habe. Ich gehe nur in Seen oder Meeren schwimmen, dort ist oben ohne bzw. Nacktbaden seit Jahrzehnten üblich, meist gibt es dafür eigene Bereiche, Probleme habe ich dort nie erlebt, was vermutlich stark mit dem größeren Raum zusammenhängt, der in städtischen Bädern fehlt.“
- Doris
„Ich verstehe gar nicht, warum das Ganze so eine Debatte nach sich zieht. Eigentlich sollte es doch total normal und egal sein, ob Männer, Frauen oder nicht binäre Personen oben ohne schwimmen gehen.“
- Mike
„Es ist ein bisschen so wie mit dem Cannabisgesetz und dem Gendern: Es wird ein Weilchen dauern und auch erstmal die große Welle machen, bevor es immer selbstverständlicher wird. Ein Fortschritt in Sachen Gendergerechtigkeit ist es allemal.“
- Marie
„Oben ohne baden? Auf keinen Fall! Nicht die Damen, nicht die Herren. Baden in der Öffentlichkeit: unschicklich – weshalb die ersten Gäste der Nordseebäder im 19. Jahrhundert sich nur in den ins Meer gezogenen Badekarren ins Wasser begeben durften. Und heute? Nacktheit ist eigentlich nichts Besonderes. Die Liberalität der Städte hat teils sogar auf dem Land schon Einzug gehalten. Wenn Frauen ohne Oberteil ins Schwimmbad möchten, was spricht dagegen, Regeln aus fernen Zeiten einfach abzuschaffen?“
- Frank
„Das Baden oben ohne steht für Freiheit und Selbstbestimmung. Es ermöglicht Frauen, sich ebenso ungezwungen und wohl zu fühlen, wie es für Männer schon lange selbstverständlich ist. Zudem trägt es zu einem natürlicheren und entspannteren Badeerlebnis bei, indem es ein Gefühl von Natürlichkeit und Unbeschwertheit vermittelt. Wenn es zum selbstverständlichen Bild gehört, wird sich der Blick auf eine nackte Frauenbrust normalisieren.“
- Gabi
Portrait Gabi Schirrmacher © Anja ConradCover © Guenther Daechert
Gabi Schirrmacher, Autorin von „Public Swimming“
Welche Bäder in Frankfurt empfiehlst du?
Eines meiner liebsten Bäder in Frankfurt ist das „Silobad“. Eröffnet 1956, war es eines der ersten beheizten Freibäder Deutschlands. Für die konstante Wassertemperatur von 28 Grad wird die Abwärme des Industrieparks Hoechst genutzt. Außerdem fällt den ganzen Tag über die Sonne auf das 50-Meter-Schwimmerbecken, sodass man von früh morgens bis kurz vor Schließung sonnengeküsst seine Bahnen ziehen kann. Familien genießen die ausgedehnte Wiese, Ruhesuchende strecken sich unter den alten Bäumen aus. Der originale Froschkönig aus Bronze ist ein Highlight im Kinderbecken.
Welche Bäder in der Umgebung von Frankfurt empfiehlst du?
Ich empfehle das Opelbad in Wiesbaden auf dem Neroberg. Eröffnet 1934, gilt es als eines der schönsten Freibäder Deutschlands. Die terrassierte Anlage wurde von den Bauhaus-Architekten Franz Schuster und Edmund Fabry gestaltet und bietet einen atemberaubenden Blick über Wiesbaden und die Rheinebene bis hin zum Odenwald. Die klare, elegante Architektur aus blankem Stahl und weißen Baukörpern erinnert an Schiffbau und präsentiert sich im Sonnenschein besonders eindrucksvoll. Gäste tummeln sich am Beckenrand oder promenieren entlang der Sonnen- und Gastro-Terrassen. Die frische Luft der Höhen- und Wald-Lage schafft eine ruhige Atmosphäre, die auch die ansteigende Liegewiese ausstrahlt.