© Rolf Hiller
Apfelbäume auf einer Streuobstwiese in Brandenburg.
In der Nähe von Beelitz sind wir Paten von zwei Bäumen auf einer naturbelassenen Streuobstwiese, die einst vom Landschafts-Förderverein Nuthe-Nieplitz-Niederung e.V. angelegt wurde, um einen Golfplatz zu verhindern. In den besten Jahren fuhren wir mit 50 kg Pflaumen der Sorte Stanley und Kisten voller Äpfel nach Hause. In diesem Jahr fiel die Ernte aus. Am Pflaumenbaum hing nicht eine einzige Frucht, gerade einmal zehn Äpfel konnten wir mitnehmen. Beim Versuch, einen halbwegs schönen zu bekommen, brach gleich der ganze Ast ab. Die Streuobstwiese ein Bild des Jammers. Das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg rechnet in diesem Jahr mit 3.200 Tonnen Äpfeln; 2023 waren es 18.200 Tonnen. Eine kurze Frostphase Ende April mitten in der Blütephase, dazu kamen viele Unwetter. „Hagel und Starkregen sind weitere Gründe für die vielen berichteten Nullerträge”, konstatiert das Amt nüchtern.
Der Klimawandel schreitet unaufhaltsam voran, und Deutschland ist in diesem Jahr noch glimpflich davongekommen. Es gab keine extreme Hitze und viel Regen. Ganz anders die Lage in Südeuropa. Nach dem mildesten Winter aller Zeiten meldet Griechenland die heißesten Monate Juni und Juli überhaupt. Trotzdem werden auf Kreta noch immer protzige Residenzen auf Hügeln errichtet, Klimaanlage & Pool inklusive. Auf Sizilien vertrocknen die Felder, und die Touristen planschen in den Hotelanlagen. Um Mallorca ist das Mittelmeer in diesem Sommer so warm wie noch nie. In Namibia sollen wegen der extremen Dürre hunderte von Wildtieren zum Abschuss freigegeben werden; das Fleisch könnte dann unter der notleidenden Bevölkerung verteilt werden. Australien nimmt ab sofort Menschen aus dem Südseestaat Tuvalu auf und gewährt ihnen ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Der Inselstaat im Südpazifik wird Experten zufolge in den nächsten Jahrzehnten im Meer versinken.
Der Klimawandel durch einen zu hohen CO2-Ausstoß ist längst da, und wer diese Tatsache leugnet, handelt unverantwortlich. Das ficht die AfD und ihren Scharfmacher Björn Höcke in Thüringen nicht an, der Wirtschaftsverbänden am liebsten den Mund verbieten will und den an der Kampagne “Made in Germany – Made by Vielfalt” beteiligten Unternehmen “wirtschaftliche Turbulenzen” wünscht. Geht’s noch? Thüringen hat eine überalterte Bevölkerung und seit 1990 fast 500.000 Einwohner verloren. Ende 2023 lebten dort noch etwas mehr als 2,1 Millionen Menschen. Händeringend suchen Firmen - vom kleinen Familienunternehmen bis zum erfolgreichen Konzern Jenoptik - Fachkräfte und Auszubildende, die inzwischen überall in Deutschland fehlen. Sollte die AfD am Sonntag eine Sperr-Minorität im Landtag erreichen, dürfte es eine Abstimmung mit den Füßen geben. Fachkräfte & Studierende werden nicht mehr nach Thüringen kommen; im Gegenteil: sie werden gehen. Kurz & prägnant heißt dieses Phänomen im Englischen: brain drain.
Erk Walter
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