Jeden Freitag schwänzen Schülerinnen und Schüler weltweit die Schule,um gegen die Umweltpolitik zu demonstrieren. Die von der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg ins Leben gerufenen Bewegung FRIDAYS FOR FUTURE ist auch in Frankfurt angekommen. Wir sprachen mit zwei der Organisatoren.
„Wir müssen etwas tun, von der Politik kommt nichts. Der Generationenvertrag wurde gebrochen“, erklärt Luc, einer der Organisatoren der Frankfurt-Bewegung. Der Deal – wir zahlen eure Rente, ihr ermöglicht uns eine Zukunft – sei nicht erfüllt worden. Ganz im Gegenteil, Kohleausstieg erst übermorgen, das Zurückrudern beim Dieselfahrverbot, das Nichterreichen der in Paris beschlossenen Klimaziele. „Jeder schaut nur auf seine eigenen, persönlichen Vorteile und lässt das Miteinander außen vor“, erklärt Emil, ein weiterer Organisator der Frankfurt-Bewegung. Emil studiert Cello an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst (HfMudK). Der Auslöser für ihr Engagement sei die Konsequenz aktueller Missstände, auf die Straße zu gehen und für die Umwelt einzustehen die logische Schlussfolgerung. Die beiden jungen Männer organisieren mit anderen Schüler*innen und Student*innen die Freitagsdemos in Frankfurt, die um 10 Uhr von der Bockenheimer Warte aus über unterschiedliche Wege zum Römer führen. Immer freitags und damit an regulären Schultagen.Natürlich könne man auch am Samstag demonstrieren, erklärt Luc. „Was wir für andere Schwerpunkte auch tun. Aber Aufmerksamkeit bekomme eine Demo doch nur, wenn man Grenzen überschreite. „Und in unserem Fall Schule schwänzt und damit aneckt.“
„Wieso sollen wir zur Schule gehen, wenn wir keine Zukunft haben?“ (Luc)
Circa 1.000 junge Leute nehmen durchschnittlich an den Freitagsdemos teil, Tendenz steigend – langsam. „Leider“, so Emil. „Die Menschen hier leben in einer Komfortzone, aus der sie ungern rauskommen.“ Dabei sei Umwelt ein Thema, das alle angehe. „Der Klimawandel ist eine reale Bedrohung, von der r unsere Generation betroffen sein wird.“ Er kann nicht verstehen, warum immer noch so viele Menschen die Augen vor den Tatsachen verschließen würden. Am 15. März ist Tag der Demonstration in Deutschland. Und da werden auch die hiesigen Fridays for Future-Aktivist*innen sich besonders viel Mühe geben, noch mehr als bereits geschehen wahrgenommen zu werden. Start wird am Hauptbahnhof sein, es soll ein richtiger Event werden mit Redner*innen,Musik ... Der Event „Rock gegen Rechts“ sei großartig gewesen, erinnert sich Student Emil. „Es wird groß und es wird laut“, verspricht der 18-jährige Luc. Er macht dieses Jahr Abi an der Wöhlerschule. Ob er sich vorstellen kann, sein Engagement in der Politik fortzusetzen? „In welcher Partei denn?“ Ab März werden die Demos den Schülerwünschen zuliebe statt um 10 Uhr erst um 12 Uhr starten. „Damit hoffen wir, noch viel mehr junge Menschen zur Teilnahme bewegen zu können.“ Auf ihrer Route werden die Demonstrierenden auch immer wieder bei Schulen direkt vorbeischauen, um Schülerinnen und Schüler zu motivieren, mit zulaufen. Das wird von der Schulleitung nicht überall positiv aufgenommen. „Gerne kommen wir in den Unterricht, um unser Engagement zu erklären, den Schülerinnen und Schülern wie auch den Lehrkräften.“ Wie lange es die FRIDAYS FOR FUTURE-Demos noch geben wird? Bis es für die Umwelt positive Ergebnisse gebe, wie z.B. das Ein-Euro-pro-Tag-Ticket des RMV für alle, das aktuell nur Schüler*innen vergünstigtes Fahren mit Öffentlichen Verkehrsmitteln ermögliche.Das Thema Umwelt gehe alle an, vor allem aber jene, die ihre Zukunft auf unserem Planeten noch vor sich haben. Diese Verantwortung nehmen die beiden jungen Männer sehr ernst. „Fliegen geht gar nicht“,so Luc. Er lebe seine Überzeugung, seine Eltern haben ihm das leicht gemacht. Seine Schule im Grunde auch. „Die Lehrer haben uns beigebracht, selbstständig zu denken und zu agieren, nun tun wir das auch.“ Ihr Wunsch an Frankfurter Kids? „Jeder einzelne zählt! Kommt alle und marschiert mit uns zum Römer, damit die Stadtregierung uns ernst nimmt.“ Über eine Teilnahme und eine Ansprache von OB Peter Feldmann würde man sich freuen, solange es ums Thema geht.Umweltdezernentin Rosemarie Heilig hat ihr Kommen bereits zugesagt.
Foto: Stadt_Frankfurt_Foto_Sandra_Mann
Umweltdezernentin Rosemarie Heilig
Was kann Ihrer Meinung nach die Initiative Fridays for Future für die Umwelt bewegen?
„Die Schüler*innen tragen das Thema Umwelt, Klimaschutz, Klimafolgen in die Öffentlichkeit. Es ist ihr Thema, es geht um ihre Zukunft. Und wir tun gut daran, ihre Vorwürfe ernst zu nehmen und sie nicht mit Polemik zu verulken. Wir haben die Verantwortung für sie und ihre Zukunft! Ich bin sehr froh, dass diese jungen Menschen auf die Straße gehen undlaut sind! So bekommt die Bewegung die Aufmerksamkeit, die sie verdient. Die Klimaveränderungen sind eine Bedrohung. Nur scheint das noch nicht in allen Köpfen angekommen zu sein. Bewegungen wie diese erhöhen den Druck auf die Politik. Das sehen wir gerade an dem großen Erfolg des Volksentscheides „Rettet die Bienen“ in Bayern. Dort haben die Menschen es geschafft, dass die bayerische Landesregierung möglicherweise ein besseres Artenschutzgesetz erlassen muss.“
Welche Forderungen sind für Sie als Umweltdezernentin sinnvollund können diese umgesetzt werden?
„Der bedingungslose Ausstieg aus der Kohleförderung ist so eine Forderung. Zwar hat die Kohlekommission den Ausstieg aus der schmutzigen Energiegewinnung beschlossen. Aber erst zu 2038 soll es keine Kohlekraftwerke mehr geben. Auch ich finde, das ist zu spät. Bei der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 haben wir uns mit dem Klimaabkommen eigentlich ganz klareZiele gesetzt. Und doch werden wir sie schon jetzt wohl kaum erreichen.Dabei sollten gerade auch wir in den Städten Klimawandel als ein Thema der Stadtplanung sehen, das genauso wichtig ist, wie das Wohnen, wie die soziale Infrastruktur, die Mobilität. Wir könnten schon jetzt Quartiere so grün planen, dass sie das Klima in der Stadt verbessern. Wir können nachträglich Fassaden und Dächer begrünen,Plätze grüner machen, noch mehr Bäume pflanzen. Klimavorsorge ist wichtigster Punkt der Daseinsvorsorge im 21. Jahrhundert.
Und wie stehen Sie zu dem Vorwurf, die Demo würde das Fernbleiben der Schüler*innen vom Schulunterricht nicht rechtfertigen.
„Schule soll auch zu selbstständig denkenden, politisch aktiven Menschen erziehen. Menschen, die für ihre Zukunft einstehen, die nicht alles akzeptieren, was ihnen vorgeschlagen wird. Menschen, die uns Politikerinnen und Politiker auch den Spiegel vorhalten und fragen, tut Ihr genug? Macht Ihr das Richtige? Ich freue mich darüber, dass die Schülerinnen und Schüler der Bewegung jetzt auf die Straße gehen und genau das tun. Sie haben all unsere Unterstützung verdient und nicht unseren Widerstand.