© Lara-Maria Mohr
Das Thema Schule ist seit jeher ein vieldiskutiertes. Während der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus‘ aber zeigt sich einmal mehr, dass Bildung nicht gleichermaßen zugänglich ist. FRIZZ-Redakteurin Antje Kroll (Bühne) hat sich Gedanken hierzu gemacht.
Es ist ein allseits bekannter Skandal, dass der Bildungsabschluss in Deutschland nach wie vor in vielen Fällen eine Frage der Herkunft ist. Kinder aus sogenannten bildungsfernen Familien sind in der Corona-Krise noch viel mehr als sonst benachteiligt. Als Klassenelternbeirätin der vierten Klasse einer Frankfurter Grundschule, die meine Tochter besucht, wurde mir das in den letzten Wochen schmerzhaft bewusst. Wir leben in einem Stadtteil, in dem mehrheitlich nicht das Bildungsbürgertum wohnt, viele Eltern sprechen nicht gut Deutsch, die Wohnverhältnisse sind beengt, nicht alle haben zu Hause Laptop und Drucker. Mir war also von Anfang an klar, dass die Arbeitsblätter, die wöchentlich per E-Mail von der Klassenlehrerin kamen und die ich an die Eltern weitergeleitet habe, nicht bei allen Kindern ankamen. Zunächst gab es seitens der Schule keinen Vorschlag, wie dieses Problem zu lösen sei. Nach etlichen Wochen war es dann möglich, die Blätter zu Wochenbeginn in der Schule abzuholen. Doch selbst wenn das Arbeitsmaterial schließlich bei allen Kindern ankam, Aufgaben, die laut Wochenarbeitsplan online zu erledigen sind, können viele nach wie vor nicht bearbeiten, weil sie zu Hause keinen Internet-Zugang haben. Inzwischen hat der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) in Aussicht gestellt hat, dass die Kinder, in deren Familien es kein Laptop gibt, leihweise eines bekommen sollen. Bei dieser Absichtserklärung darf es nicht bleiben, denn es ist die Aufgabe des Kultusministeriums, den Schulen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die gewährleisten, dass alle Kinder mit den gleichen Lernmaterialien arbeiten können. Inzwischen hat der Unterricht in stark eingeschränktem Umfang wieder begonnen, mindestens bis zu den Sommerferien wird es noch mehr als sonst ein Unterschied sein, ob die Eltern das Lernen begleiten können oder ob die Kinder auf sich allein gestellt sind, aber zumindest die Basis für mehr Chancengleichheit wäre gegeben, wenn das Kultusministerium jetzt schnell handelt, sonst wird die Bildungsschere immer größer, mit fatalen Folgen für die ganze Gesellschaft.
Nachtrag: Zweifellos müssen Laptops für Schülerinnen und Schüler künftig zur Grundausstattung gehören, aber auch das gute alte Schulbuch statt „Zettelwirtschaft“ könnte wieder mehr in den Mittelpunkt rücken. Schulbücher, die allen Kindern während eines Schuljahres gleichermaßen zur Verfügung stehen, hätten auch in der Corona-Krise von Anfang mehr Chancengleichheit gewährleistet. Wenn es wieder mehr Schulbücher gäbe, müsste aber auch die Lernmittelfreiheit, die in Hessen laut Verfassung garantiert ist, gewährleistet sein, d.h. das Land Hessen müsste die Kosten für Lernmittel nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis übernehmen. An der Schule unserer Tochter sah es so aus, dass wir Eltern immer wieder aufgefordert wurden, die Kosten für Bücher (ja, ein paar wurden angeschafft) und Lernhefte zu übernehmen. Ein weiterer Skandal, den ich (bisher) widerspruchslos hingenommen habe. Aber unsere Tochter wird ja noch ein paar Jahre zur Schule gehen.