
Frankfurt ist eine Stadt der Vielfalt – und voller Menschen mit ganz eigenen Geschichten. Wer hier etwas für sich bewegen und Leute finden will, die Ähnliches erlebt haben, muss manchmal selbst den Anfang machen.
Oft beginnt es mit einer leisen Frage: „Bin ich eigentlich der einzige Mensch, dem es so geht?“ Sei es eine chronische Erkrankung, ein Umbruch im Leben oder eine belastende Erfahrung – nicht immer findet man im eigenen Umfeld verständnisvolle Ohren. Dann reift manchmal der Wunsch, mit anderen ins Gespräch zu kommen. Und genau hier beginnt die Geschichte vieler neuer Selbsthilfegruppen in Frankfurt: mit einer Idee, einem Bedürfnis und dem Mut, den ersten Schritt zu wagen.
GRÜNDEN IST LEICHTER ALS GEDACHT
Die gute Nachricht: Niemand muss diesen Schritt allein gehen. Die Selbsthilfe-Kontaktstelle Frankfurt unterstützt Menschen, die eine neue Selbsthilfegruppe ins Leben rufen möchten. Beate Giese steht als Sozialarbeiterin mit vielen Initiator:innen in der Gründungsphase in Kontakt und sagt: „Wir begleiten Sie auf Augenhöhe – mit Erfahrung, Empathie und dem Wissen, dass jeder Anfang einzigartig ist. Der erste Schritt ist deshalb ganz leicht: Sie schreiben uns eine E-Mail oder rufen uns an – auch wenn Sie nur eine vage Idee haben.“ In einem persönlichen Beratungsgespräch wird zuerst das Anliegen konkretisiert und die Zielgruppe eingegrenzt. Anschließend wird gemeinsam ein Ausschreibungstext erarbeitet, der das Thema beschreibt und potenzielle Mitstreiter:innen anspricht. Auf dieser Grundlage erstellt die Selbsthilfe-Kontaktstelle einen Flyer, der online veröffentlicht und über bestehende Verteiler verbreitet wird. Alle Rückmeldungen interessierter Personen laufen zentral in der Kontaktstelle zusammen. Als Initiator:in bleibt man dabei im Hintergrund.
DAS ERSTE TREFFEN – EIN SICHERER RAUM
Bis zur Gründung einer neuen Gruppe vergehen in der Regel mehrere Monate. Sobald sich genügend Interessierte gemeldet haben, werden diese zu einem moderierten Gründungstreffen eingeladen. In einem geschützten Raum geht es zunächst ums Ankommen und Kennenlernen. Wer ist da? Was bewegt uns? Wie wollen wir als Gruppe starten? Gemeinsam wird entschieden: Wann und wie wollen wir uns regelmäßig treffen? Möchten wir digital oder vor Ort zusammenkommen? Wer übernimmt welche Aufgaben? Eine erfahrene Mitarbeiterin der Kontaktstelle moderiert das Treffen. Auf Wunsch unterstützt die Kontaktstelle die Gruppe auch darüber hinaus, beispielsweise bei Fragen zur Organisation, zur Öffentlichkeitsarbeit oder zu Fördermöglichkeiten.
500 GRUPPEN UND RAUM FÜR MEHR
Frankfurt ist bereits Heimat von mehr als 500 Selbsthilfegruppen zu über 220 verschiedenen Themen – von Angststörungen bis Zöliakie. Über die Selbsthilfe-Kontaktstelle Frankfurt lässt sich leicht herausfinden, ob zu einem Thema bereits eine Gruppe besteht. Falls nicht, umso besser: Jede neue Gruppe erweitert das Angebot und gibt anderen Menschen einen Ort, an dem sie sich gesehen und verstanden fühlen können.
EIN ANFANG, DER ZÄHLT
Manchmal braucht es nur eine Entscheidung, einen Impuls und Menschen, die mitziehen. Die folgenden zwei Beispiele zeigen, wie unterschiedlich die Wege in die Selbsthilfe sein können:
Rolf fand nach seinem Umzug keine passende Gruppe zum Thema Depression und Ängste – Ort und Zeit der bestehenden Gruppen passten einfach nicht. Die Kontaktstelle ermutigte ihn deshalb, selbst eine Gruppe zu gründen. Zum ersten Treffen kamen neun Personen. Heute ist die Gruppe stabil und selbstorganisiert – und für Rolf ein wichtiger Teil seines Alltags geworden.
Jenny ist von ADHS betroffen und hatte den Wunsch, sich mit jungen Erwachsenen mit ähnlichen Erfahrungen zu vernetzen. Vor fünf Jahren gründete sie mit Unterstützung der Kontaktstelle eine Online-Gruppe. „Die Kontaktstelle hat alles vorbereitet: Einladung, Moderation, sogar das digitale Meeting. Das hat mir die Gründung enorm erleichtert“, erzählt sie. Die Gruppe besteht bis heute – digital, lebendig und mit einem starken Wir-Gefühl.
Maren Kochbeck, Geschäftsführerin des Selbsthilfe e.V., unterstreicht: „Selbsthilfe lebt davon, dass Menschen ihre Erfahrungen teilen. Dass jemand den ersten Schritt macht. Wenn auch Sie ein Thema haben, das Sie bewegt, und das Gefühl, dass es nicht nur Ihnen so geht, dann ist jetzt vielleicht der richtige Moment, um etwas Neues zu beginnen. Die Selbsthilfe-Kontaktstelle Frankfurt steht Ihnen dabei gern zur Seite. Damit aus einem Impuls etwas Bleibendes wird.“
>> Selbsthilfe-Kontaktstelle Frankfurt, Beratungstelefon: 069 55 94 44, Mo + Di: 10–14 Uhr & Do: 15–19 Uhr, service@selbsthilfe-frankfurt.net, www.selbsthilfe-frankfurt.net
