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Früher war mehr los im Kasten.
Am Briefkasten scheiden sich die Generationen. Ich schaue täglich nach der Post, wir verschicken noch unverdrossen Ansichtskarten und lesen gedruckte Zeitungen. Leider bekommen wir kaum noch Briefe, leider schreibe ich selbst nur noch selten welche. Was ist eine Mail oder eine Nachricht in einem Messenger-Dienst gegen einen handgeschriebenen Brief. Das scheint die Deutsche Post nicht anders zu sehen und stellte eine Geburtstagskarte an eine Freundin zu, obwohl diese gar nicht frankiert war. Beim Einwerfen in den gelben Kasten bemerkte die Redakteurin dieser Zeilen schon ihr Versäumnis und wollte am nächsten Tag beim Leeren des Briefkastens ihren Fehler korrigieren, doch die Abholung war schon durch oder verspätete sich. Flugs wurde eine neue Karte geschrieben, vorschriftsmäßig frei gemacht und eingeworfen. Die Freundin freute sich dreifach: über zwei Kartengrüße und die feine Geste der Deutschen Post, wie auch immer sie zustande gekommen ist.
Vor Jahren schrieben wir einen Dankesbrief an ein junges Paar, hörten gar nichts und fragten irgendwann digital nach. Man schaue nur alle vier Wochen in den Postkasten, vernahmen wir mit Erstaunen. Die Zeiten sind schnelllebiger und flüchtiger geworden. Jede:r ist informiert, keine:r weiß Bescheid. Es ist mir ein Rätsel, wie man all die Angebote der Mediatheken, Streamingdienste oder Audiotheken nutzen soll. Dabei finden sich dort großartige Alternativen zum täglichen Programm, das wir nur noch bei Wahlen analog einschalten. Natürlich durch die Zeitung war ich auf die Reportage “Allein im All – Die einsame Reise zum Mars” aufmerksam geworden, die ich mir auf der Rückreise aus Kassel ohne Störungen im ICE anschaute. Drei Jahre soll diese “Mission” dauern; die Crew muss diese Zeit auf engstem Raum verbringen. Eine Kommunikation in Echtzeit wird mit den Angehörigen nicht möglich sein wegen der riesigen Entfernung, die durchschnittlich 70 Millionen Kilometer beträgt.
Sicher würden viele die Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) gerne auf den Mond schießen. Dort könnte sie ihre vollmundigen Reden halten, deren Pathos angesichts ihrer Amtsführung noch hohler klingt. Gerade ist sie dabei, die Berlinale nachhaltig zu beschädigen. Nachdem die Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek nur noch für das Festival 2024 zur Verfügung steht, wurde jetzt der künstlerische Leiter Carlo Chatrian abserviert. Dagegen haben nun 400 Macher:innen der Branche, darunter internationale Prominenz, in einem Offenen Brief protestiert. Beide haben das (immer noch) größte Publikumsfestival der Welt in ihrer Amtszeit durch schwierige Zeiten gebracht; Chatrian hatte aber wenig Fortune in Berlin. Nun soll es wieder eine Intendanz richten, wofür der Italiener offensichtlich nicht in Frage kommt. Wie unter diesen Voraussetzungen und hohem Zeitdruck eine neue Perspektive für die Berlinale gefunden werden soll, muss die Kulturstaatsministerin verantworten. “Claudie Roth. Die Berlinale und andere Schlamassel”, titelte der Tagespiegel (08.09.23). Der Kanzler sollte ihr einen geharnischten Brief schreiben.
Erk Walter
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