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Spätestens wenn die Temperaturen in die Nähe der 40°C-Marke klettern und alle über die Hitze stöhnen, wissen wir sie zu schätzen, die schattigen Plätze unter Platanen und Kastanien, die Kühle atmenden, plätschernden Springbrunnen und die hohen Hecken, die wie ein Schutzwall ein paar Grad der Hitze von uns fernhalten. Die Klimakrise zeigt bereits jetzt verheerende Auswirkungen.
Blau-grüne Infrastruktur
In den vergangenen Jahrzehnten galt der grauen Infrastruktur das Hauptaugenmerk bei der Lösung innerstädtischer Probleme. Mehrspurige Straßen sollten Menschen schnell und staufrei in die Stadt und wieder hinaus bringen. Mehr und größere Parkflächen waren nötig. Dass oftmals Bäume und Grünanlagen weichen mussten und Flächen versiegelt wurden, nahm man billigend in Kauf. Auf dieser Weise kletterte Frankfurt bis 2018 auf den unrühmlichen 11. Platz unter den 50 am stärksten versiegelten deutschen Großstädten. In den letzten Jahren ist diese Entwicklung zwar rückläufig, aber das allein reicht nicht aus, um gegen Tageshitze, tropische Nächte, Starkregen und Überflutungen gewappnet zu sein. Ein Ausbau der sogenannten blau-grünen Infrastruktur sorgt nicht nur für mehr Grün und dessen Versorgung mit lebensspendendem Wasser in der Stadt. Auch das Mikroklima verbessert sich überall dort, wo Bäume und Pflanzen in großer Zahl vorhanden sind. Werden bevorzugt einheimische Arten angepflanzt, fördert man die Ansiedlung zahlreicher Tierarten und damit die Biodiversität. Stadtgrün reguliert nicht nur die Temperatur zwischen den Häuserzeilen und Stadtvierteln, es schützt auch vor Feinstaub und Lärm und erhöht die Lebensqualität im urbanen Bereich. Der Überflutungsschutz ist spätestens seit dem 2021er Hochwasser ein weiteres wichtiges Thema.Der Druck auf die Stadt ist groß. Wie und vor allem wo soll die blau-grüne Infrastruktur entstehen? Bereits 2016 erhielten Stadtplaner, Bauherren und Architekten mit dem Klimaplanatlas ein wichtiges Instrument, das zeigt, wo sich Frankfurt im Sommer besonders stark aufheizt und welche "Luftleitbahnen" freizuhalten sind, damit die kühlen Luftmassen nachts ihren Weg in die Stadt finden. Mit dem Klimaplanatlas wurde den Verantwortlichen nicht nur eine gesamtstädtische Klimaanalyse in die Hand gegeben, sondern auch ein Bewertungskatalog, daraus resultierende Planungsempfehlungen, eine Vulnerabilitätsanalyse und verschiedene Mikroklimastudien.
Viele Teile ergeben ein Ganzes
Dass in den letzten Jahren die Flächenversiegelung pro Kopf sank, hat nicht nur mit der stetig wachsenden Einwohnerzahl, sondern auch mit Projekten zur Stadtbegrünung zu tun. Frankfurt als "Green City" verweist auf einen Grünflächenanteil von 52 Prozent des Stadtgebietes. Um die Folgen des Klimawandels erträglicher zu machen, reichen bestehende Parks, Gärten, Äcker, Wälder, Friedhöfe, Straßenbegleitgrün und Wasserflächen aber nicht aus. Wir haben einige interessante Schritte in Richtung mehr städtischer Grünflächen zusammengetragen:
- Das Forschungsprojekt INTERESS-I der Technischen Universität München untersucht und begleitet in Frankfurt zwei Pilotprojekte: "Innovationsquartier" und "Grüne Achse." Beim Innovationsquartier "Güntersburgerhöfe" entstehen im Norden der Stadt Wohnungen für rund 3.000 Menschen. Diese werden über angrenzende Schrebergärten und einen bestehenden, wertvollen Gehölz- und Baumbestand mit dem Wasserpark verbunden.
- "Grüne Achsen" wie die Wallanlagen rund um die gesamte Innenstadt, der Alleenring und der GrünGürtel oder die Öffnung des Rotschildparks als grüne Achse am Übergang von der Innenstadt ins Westend zeigten schon in den vergangenen Jahrzehnten die Bedeutung der Frankfurter Grünanlagen für die Lebensqualität seiner Bewohner.
- "Frankfurt frischt auf" lockt Hausbesitzer mit einem Zuschuss von 50 Prozent der förderfähigen Kosten, höchstens jedoch 50.000 Euro pro Liegenschaft oder Maßnahme. Dach-, Fassaden- und Hinterhofbegrünung, die neu angelegt werden, sind ebenso förderfähig wie die Verschattung von Gebäuden mit Wirkung auf den öffentlichen Raum, beispielsweise durch Bäume, Sonnensegel und Pergolen oder die Installation öffentlich zugänglicher Trinkbrunnen.
- "Mobile grüne Zimmer" sind begrünte Sitzplätze, die an belebten Plätzen Schatten spenden und zum Ausruhen einladen. Gleichzeitig lehren sie, welche Pflanzen sich unter den gegenwärtigen Bedingungen auch für den heimischen Balkon eignen. Sie können für private und geschäftliche Events gemietet werden.
- Die jährlich aktualisierte "Frankfurter Baumliste" umfasst gegenwärtig 178 Baumarten, die sowohl mit der Hitze des Sommers als auch mit winterlichem Frost gut zurechtkommen. Bei der Planung von zukunftsfähigen städtischen Alleen, Parks und Gärten spielen lange nicht mehr nur einheimische Ahorn, Buchen, Eichen, Eschen, Linden, Platanen oder Ulmen eine Rolle. Auch gebietsfremde Arten wie die Silberlinde, der Europäische Zürgelbaum, die Blumen-Esche, die Hopfenbuche und amerikanische Ulmenzüchtungen wie „Rebona“ und „Lobel“ werden mehr und mehr miteingeplant und gehören in einigen Städten bereits zum Stadtbild.
- Ende Mai 2022 beschloss der Frankfurter Mobilitätsausschuss unter anderem die Errichtung von Parklets und einer Spielstraße. Bürgerinitiativen wie "Bockenheim außer Haus" hatten zuvor angeregt, Teile bestehender Parkplätze in eine Kombination aus Sitzecke und kleinem Garten zu verwandeln. Vorbild ist ein Projekt in Berlin, wo bereits im vergangenen Jahr die Errichtung von bis zu 100 Parklets und deren Förderung mit insgesamt bis zu 350.000 Euro beschlossen wurde.
Die Umsetzung derartiger innovativer Ideen hängt entscheidend ab vom Überleben städtischer Pflanzen während der sommerlichen Hitzeperioden. Bäume, Sträucher und Blühpflanzen funktionieren nur als Klimaregulatoren, wenn sie Pflege und viel Wasser bekommen, das oftmals noch dem Trinkwassernetz entnommen wird. Hier wird unter anderem im Rahmen des oben genannten Projektes INTERESS-I an Lösungen gearbeitet, bei denen sogenanntes Grauwasser zum Einsatz kommt. Das ist nur leicht verschmutztes Brauchwasser, wie es beim Duschen oder Händewaschen anfällt, das biologisch wieder aufbereitet und zur Pflanzenbewässerung verwendet wird.
Selbst aktiv werden
Förderprogramme sollen die Bewohner der Stadt animieren und inspirieren, selbst aktiv etwas für die Verbesserung des Mikroklimas in ihrem Umfeld zu tun. Doch auch ohne finanzielle Unterstützung durch die Stadt kann jeder Einzelne zur grünenden und blühenden Lebensqualität Frankfurts beitragen. Einen Straßenbaum zu adoptieren und bei Trockenheit zu gießen, einer Blumenwiese den Vorzug zu geben gegenüber dem vom Mähroboter kurz geschorenen Rasen, einen Staudengarten anzulegen, statt Schotterflächen steril zu halten, den eigenen Balkon oder die Terrasse mit üppiger Pflanzenpracht auszustatten bedeutet, sein eigenes angenehmes Mikroklima zu schaffen.