In einem Internetvideo berichtet die Frankfurter Stadtverordnete Mirrianne Mahn, in einem Krankenhaus rassistisch behandelt worden zu sein. Eine Ausnahme oder Alltag so vieler Menschen?
Mirrianne Mahn habe mit starken Schmerzen Hilfe in einem Frankfurter Krankenhaus gesucht und rassistische Übergriffe erlebt. „Die Afrikanerin“ wurde sie tituliert und ihr erklärt, dass sie in ihrem Heimatland bereits tot wäre. Mirrianne Mahn hat ein emotionales Video, indem sie die Vorfälle schilderte, noch im Krankenhaus online gestellt hat, und damit auch deutlich gemacht, wie schmerzhaft es für Schwarze Menschen und generell für Poc (People of color) ist, auf diese Weise angesprochen zu werden. Die GRÜNEN-Politikerin wurde 1989 in Kamerun geboren, wuchs in Deutschland auf, studierte und tritt heute für die Stadt Frankfurt als Referentin für Diversitätsentwicklung ein. „Ich bin in einer privilegierten Situation und habe Ressourcen, Netzwerk und Expertise, die es mir ermöglichen, Konsequenzen zu bewirken. Das haben sehr viele BiPoc (Black and People of Coulor) nicht und sie erleben genau solche Situationen und viel Schlimmeres.“ Die Reaktionen auf ihr Video hätten ihr Hoffnung gemacht, so viel tröstende Worte, aber sie habe auch von anderen Poc schlimme Geschichten gehört über rassistische Übergriffe gerade in Krankenhäusern. „Ich wusste, dass es solchen Rassismus im Gesundheitswesen gibt, habe es aber das erste Mal in dieser Form erlebt und das Ausmaß des Problems war mir einfach nicht bewusst.“ Kurz nachdem sie das Video beendet hatte, habe sie sich selbstbewusst über den Arzt beschwert, der sie daraufhin nicht weiter behandelt habe. „Der Fall wird vom Krankenhaus untersucht und ich werde dafür sorgen, dass dieser Arzt meinen Namen nicht so schnell vergisst.“ Sie werde aber den Namen des Krankenhauses nicht veröffentlichen. „Das Krankenhauspersonal war bis dahin immer aufmerksam und empathisch und dieser eine Vorfall ist nicht repräsentativ für die gute Behandlung, die ich hier genießen durfte.“ Ihr ginge es nicht um diesen einen Arzt, sondern um das strukturelle Problem dahinter.
Frankfurt ist kein gutes Beispiel bei N-Wort und M-Wort
Die Stadt Berlin ändert den rassistischen Namen (M-Wort) einer S-Bahn-Haltestelle und Städte wie Köln, Bocholt oder Heidelberg erkennen an, dass die Verwendung des N-Wortes rassistisch ist. Auch die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Kassel hat beschlossen, dass sowohl das N-Wort als auch das M-Wort in Kassel keine Zukunft haben. „Doch wo bleibt Frankfurt?“, fragt die Kommunale Ausländer- und Ausländerinnenvertretung (KAV). In einer internationalen Stadt wie Frankfurt, die sich öffentlich gegen Rassismus ausspricht, könne sich die Stadtverordnetenversammlung scheinbar nicht darauf einigen, einen mittlerweile überall als rassistisch anerkannten Begriff zu ächten, so die KAV. Schon die Anträge der KAV aus den Jahren 2018 gegen die Verwendung des N-Wortes in Apothekennamen und 2020 für ein Verbot des Gebrauches des N- und des M-Wortes fanden im obersten politischen Gremium der Stadt Frankfurt keine Mehrheit. Nun sorgen ähnliche Anträge und ein offener Brief der „Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland“ wieder für kontroverse Debatten.Dabei hält die KAV fest: Die Konnotation beider Begriffe war immer und ist weiterhin rassistisch. Es gäbe eigentlich keine vernünftige Erklärung dafür, sie weiterhin zu verwenden und die eindeutige Verletzung der Betroffenen zu ignorieren. Es sei denn, man möchte an kolonialem Überlegenheitsdenken festhalten, den Betroffenen erklären, wie Rassismus „richtig“ zu fühlen sei oder dass das M-Wort so etwas wie ein ethnischer Begriff sei, erklärt die KAV. Frankfurt am Main sollte jetzt als gutes Beispiel den anderen Städten folgen. Das würde ihren Bekenntnissen gegen Rassismus und Diskriminierung gut zu Gesicht stehen, so das abschließende Wort der KAV zu diesem Thema.
Wo kommst du her?
Eine Schwarze Deutsche ist eine Deutsche. Alle Menschen, die in Deutschland leben, haben die gleichen Rechte auf würdevolle Ansprache und Behandlung. Wie Mirrianne Mahn in ihrem Beitrag verdeutlicht, ist der rassistische Vorfall, in der vulnerablen und abhängigen Position der Patientin, besonders schwer zu ertragen.
Der Vorfall macht uns bewusst, wie wichtig die Bekämpfung von Rassismus durch Aufklärung, Bildung und Sensibilisierungsarbeit ist. Und doch fällt es vielen Menschen schwer, sich von ihren Vorurteilen zu lösen. Wie solle man denn Menschen mit nicht heller Hautfarbe ansprechen? Die Bezeichnung Schwarze Menschen gelte ja nicht für Menschen aus Asien oder Südamerika? Und ab wann gilt man als schwarz? Es gibt nicht wenige, die alles richtig machen möchten, aber nicht wissen, wie es geht. Für Schwarze Menschen in Deutschland ist Afrodeutsche die richtige Bezeichnung, sagt sie doch das aus, was diese Personen sind, schwarz und deutsch. Wo kommst du her? Aus Bockenheim oder dem Nordend oder Höchst oder … Für uns Weiße Menschen ist es manchmal umständlich, die richtige Bezeichnung herauszufinden und vor allem, sie anzuwenden. „Es ist schon sehr anstrengend“, so die Meinung nicht weniger. Aber rechtfertigt die Würde aller Menschen nicht diesen Aufwand – sowohl in Schrift als auch Sprache?
Mein Privates ist politisch!
Mirrianne Mahn ist in einer Position, in der sich wehren kann, und sie lässt sich ganz sicher nicht von dummen Sprüchen einfallsloser Personen unterkriegen: „Mir ging es schlecht und ich musste weinen und ich war verzweifelt. Es passieren selten gute Sachen, wenn Frau ein OP-Hemdchen trägt. Eine Stunde später, hatte ich mich beruhigt, Ohrringe angezogen, Haare hochgebunden und habe mich gewehrt. Das ist kein Widerspruch. Mir geht es gesundheitlich wieder gut. Ich habe kaum Schmerzen und bin bald wieder komplett gesund!“