
Offen, kommunikativ, ein Spieler-Versteher: Der neue Eintracht-Coach Dino Toppmöller kommt mit vielen Vorschusslorbeeren. Und er hat eine Vergangenheit bei der SGE.
Text: Jürgen Mai
„Der erste Anruf, der von Markus Krösche kam, hat mich sofort gecatched. Die Eintracht ist der spannendste Verein in der Bundesliga, wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahre anschaut.“ So beschreibt der neue Eintracht-Trainer Dino Toppmöller seine Entscheidung für den Wechsel an den Main. Der 42-Jährige gilt als offener und umgänglicher Typ, der viel kommuniziert und sich in die Lage der Spieler versetzt, aber auch klare Ideen und Prinzipien vertritt. Und er freut sich auf den neuen Posten: „Frankfurt ist eine tolle Stadt, die Gespräche waren super gut, das Gesamtpaket ist sensationell.“
Erstmals Cheftrainer in der Bundesliga
Für Toppmöller ist es die erste Station als Cheftrainer in der Bundesliga. In den vergangenen Jahren war er als Co-Trainer von Julian Nagelsmann sowohl bei RB Leipzig als auch Bayern München aktiv. Als Chefcoach stehen in der Vita des 42-Jährigen Stationen in der zweiten belgischen Liga und in Luxemburg, wo ihm mit dem Underdog F91 Düdelingen in der Saison 2018/2019 der Einzug in die Gruppenphase der Europa League gelang. Alles in allem ist Toppmöller als Trainer also ein eher unbeschriebenes Blatt und Sportvorstand Markus Krösche geht mit der Verpflichtung ein gewisses Risiko ein. Er ist jedoch überzeugt, dass Toppmöller der richtige ist, um jene Dinge zu verbessern, die unter Vorgänger Oliver Glasner mitunter brachlagen: Taktische Flexibilität, Förderung junger Spieler, Standardsituationen. Und nicht zu vergessen: Die Eintracht hat in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen mit Trainern gemacht, die erstmals in der Bundesliga an der Seitenlinie auftauchten, wie Niko Kovač oder Adi Hütter.
„Wir wollen begeistern!“
Angesprochen auf seine Spielidee, macht Toppmöller Lust: „Wir wollen die Zuschauer begeistern und emotionalisieren. Wir wollen nach vorne spielen.“ Mit Co-Trainer Erwin Bradasch („Er baut immer eine gute Verbindung zur Mannschaft auf und macht auf dem Platz klare Ansagen.“) und Analyst Nelson Morgado („Er wird unser eigenes Spiel analysieren, ist sehr fleißig und permanent auf der Suche nach neuen Ideen.“) bringt Toppmöller zwei Vertraute mit.
Wie stets wird die Saisonvorbereitung ein Spiel mit einigen Unbekannten sein: Was wird aus Stürmer Randal Kolo Muani? Bleibt Jesper Lindström? Wie geht es mit Djibril Sow weiter? Wie fügen sich die Neuzugänge – bislang stehen Innenverteidiger Willian Pacho, Mittelfeldhoffnung Hugo Larsson und Stürmer Omar Marmoush fest – ein? Mit den Unwägbarkeiten, die das bis Ende August geöffnete Transferfenster mit sich bringt, muss Toppmöller umgehen. Zudem steht eine Verjüngung des Kaders an. Korsettstangen wie Sebastian Rode (32) und Makoto Hasebe (39) gehen mutmaßlich in ihre letzte Saison.
Die Rahmendaten für den Saisonauftakt
Was hingegen bereits feststeht: Am zweiten Augustwochenende absolviert die Eintracht in der ersten Runde des DFB-Pokals ihr erstes Pflichtspiel der Saison 2023/2024 und muss bei Regionalligist Lok Leipzig antreten. Sportlich hat Losfee Sarah Vogel, die als Stabhochspringerin ebenfalls das Eintracht-Dress trägt, der Eintracht hier sicherlich eine machbare Aufgabe beschert. Allerdings wird das Spiel aus Sicht der Ordnungsbehörden sicher eine Herausforderung: Die Eintracht Fan-Szene ist mit den Anhängern des großen Lok-Stadtrivalen Chemie Leipzig eng befreundet. Die Woche darauf beginnt dann die Bundesligasaison. Und am 24./31. August muss die Eintracht die Playoff-Runde in der Conference League spielen, um sich für die Gruppenphase zu qualifizieren. Dieser Europapokalwettbewerb steht in der Wertigkeit zwar hinter der Champions League und der Europa League, könnte jedoch Gegner ermöglichen, die die reisefreudigen Eintracht-Fans in eher unbekannte Gefilde führen. Die Play-Off-Runde wird am 7. August ausgelost.
Ebenfalls sicher: Toppmöller kann sich künftig bei Heimspielen nicht nur der Unterstützung von 50.000 Zuschauern sicher sein, sondern sogar 60.000. Denn die Erweiterung der Nordwestkurve soll bis zum Saisonstart abgeschlossen sein. Nach der Arena in Dortmund hat die Eintracht dann die zweitgrößte Stehplatz-Kurve in Deutschland. Der Eintracht-Coach weiß, was das für ein Vorteil sein kann: „Die Zuschauer in Frankfurt gehen begeistert mit, die Symbiose zwischen Mannschaft und Fans ist einmalig in Europa.“
Toppmöllers Eintracht-Vergangenheit
Toppmöller hat übrigens eine doppelte Eintracht-Vergangenheit. Zum einen trug er in der Saison 2002/2003 als Spieler das Adler-Trikot. Jene Spielzeit, die mit dem epochalen 6:3 gegen Reutlingen und dem Aufstieg in die 1. Liga für immer in den SGE-Annalen steht. Toppmöller wurde bei dieser Partie zwar noch vor der verrückten Schlussphase ausgewechselt, als die Eintracht innerhalb weniger Minuten Mainz 05 im Fernduell um den letzten Aufstiegsplatz noch überholte. Er hatte jedoch in der Vorwoche mit zwei Treffern beim Sieg in Oberhausen seinen Anteil daran, dass die SGE überhaupt Teil dieses Fotofinishs werden konnte.
Damit nicht genug: Schon als 13-jähriger Junge war Toppmöller immer mal auf dem Eintracht-Trainingsgelände zu sehen. Denn damals, in der Saison 1993/1994, war sein Vater Klaus als Coach für die SGE verantwortlich. Es war jene Saison, als die Eintracht mit 20:2 Punkten einen Startrekord aufstellte, mit Fußball 2000 die Bundesliga verzauberte, Herbstmeister wurde und der Meistertitel winkte. Wie so oft kam es dann anders, Toppmöller erlebte nicht einmal das Saisonende und wurde im April 1994 entlassen. Schöne Notiz am Rande: Zum ersten Mal in der langen Geschichte der Bundesliga trainieren Vater und Sohn den gleichen Verein. Ein gutes Omen? Dino Toppmöller sagt: „Mein Vater ist megastolz, denn auch bei ihm war die Eintracht die erste Station in der Bundesliga. Er ist happy und drückt mir alle Daumen.“