Mit großen Hoffnungen sahen Ladeninhaber, Gastronomiebetriebe, die Kultur und Kinobetreiber auf die Lockerungen des Lockdowns. Und erlebten, dass es vielen wirtschaftlich unmöglich ist, den Betrieb wieder aufzunehmen, beziehungsweise dies nur mit großen Einbußen. Andere Branchen wie die der Veranstalter von großen Konzerten oder Clubbesitzer haben aktuell und wohl auch in Zukunft wenig Aussichten auf Inbetriebnahme. Ein Desaster für Inhaberinnen und Inhaber wie auch deren Angestellten und Zuarbeiter*innen. Wie gehen betroffene Branchen mit der Situation um? FRIZZ Das Magazin hat sich umgehört.
CLUB >> Sidney Spaeth, Clubbetreiber (FREUD), DJ, Agentur-Inhaber (Jet-Club Agency)
Unsere derzeitige Situation ist, dass wir geschlossen haben und nicht wissen, wann und unter welchen Umständen wir wieder öffnen dürfen. Wir können noch ein bis zwei Monate überbrücken. Da wir ein neuer Club sind, konnten wir keine großen Rücklagen bilden, müssen aber weiter die volle Miete zahlen. Auch andere Kosten wie Lohnsteuer, Versicherung, Darlehen, Strom, Steuerberater, Versicherungen, Gema usw. müssen zum größten Teil weitergezahlt werden, bzw. können erst mit einer längeren Frist, gekündigt werden. Das heißt, wir haben jede Menge laufender Kosten bei Null-Komma-null Einnahmen.
Was geschehen muss damit die Clubs und deren Mitarbeiter überleben? Nun als erstes muss ich sagen, bedarf es Hilfen vom Staat, andere Unternehmen werden auch gerettet und Kunst und Kultur ist kein Luxus. Um diese zu erhalten muss der Staat etwas tun. Uns wurde am 13. März um halbsieben Uhr abends und damit vier Stunden vor dem nächsten Event durch die Landesregierung jegliche Grundlage des Überlebens auf unbekannte Zeit entzogen. Was ich als wirklich als besorgniserregend betrachte, ist, dass man bis jetzt kein Wort davon hört, ob sich die Regierung irgendwelche Gedanken dazu gemacht hat, wie man realistisch mit der Situation umgeht. Es nützt nichts, wenn eine Meldung über Lockerungen verkündet wird, wie bei unseren Kollegen den Restaurantbetreibern, welche wirtschaftlich nicht umsetzbar ist. Das ist der Grund warum viele Restaurantbesitzer auch weiterhin ihre Lokale geschlossen halten. Da wurden keine Gastronomen mit ins Boot geholt, um eine ernsthafte Lösung zu erarbeiten. Es war purer Aktionismus. Das Ziel war die Bevölkerung zu beruhigen, nicht den Gastronomen ihre Existenz zu retten. Die kommunizierte Soforthilfe, die nicht jeder und wenn auch oft zu spät erhalten hat, wie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen (aber nicht auf Getränke), sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Frankfurt ist als Geburtsort des Techno stolz auf seine elektronische Musikkultur. Bald wird sogar ein Museum dafür hier eröffnet (was ich persönlich sehr begrüße), Sven Väth hat die Goethe-Plakette als Auszeichnung für seine Dienste gegenüber dieser Stadt erhalten (die hat er auch wirklich verdient).
Nun ist die Frage, was es unserer Stadt und unserer Regierung wert ist, die aktuelle Musik- und Clubkultur am Leben zu erhalten, bzw. ob dies überhaupt erwünscht ist?
Es gibt viele Unternehmen, die aufgrund ihres Images und nicht nur aufgrund wirtschaftlicher Bedeutung gerettet werden. Ich wünsche mir das auch für uns … Streamen finde ich okay, während es nichts anderes gibt. Es ist aber nichts Neues und kann das Gefühl, live in einem Club zu sein, niemals annähernd ersetzen.