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Dinçer Güçyeter ist der 51. Stadtschreiber von Bergen-Enkheim. Der Lyriker sei „ein Grenzgänger im besten Sinne [..] und beleuchtet mit einer Laterne aus Worten diejenigen, die oft mitten in unserer Gesellschaft im Verborgenen bleiben“, begründete die Jury ihre Wahl.
Dinçer Güçyeter erzählt in seinem Debütroman „Unser Deutschlandmärchen“ vom Leben türkischer Griechen, von Verwurzelung in anatolischem Leben. Und davon, wie es sich das Leben anfühlt als Gastarbeiter:in und als deren Nachkomme in Deutschland. Dafür erhielt er 2023 den Preis der Leipziger Buchmesse.
Es ist die Geschichte seiner Eltern, vom Ankommen und Leben in Deutschland, einer Kindheit und Jugend als Kind türkischer Einwanderer:innen. Er bricht das Schweigen seiner Mutter Fatma, das Schweigen der Menschen, die hier ankamen mit ihren Träumen, Sehnsüchten, Hoffnungen und die maßgeblich am Wiederaufbau Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt waren.
Poetisch, persönlich und rau schreibt er mehrstimmig über den Verlust von Heimat, über Rassismus, patriarchale Strukturen und die Suche nach dem eigenen Platz in der deutschen Mehrheitsgesellschaft. Von einer generationsübergreifenden Suche nach Heimat und vom Transzendieren von Grenzen von Herkunft, Klasse und Geschlechterrolle. „Traditionell wie innovativ queer erzählt, reißt einen diese Einwanderergeschichte mit ihrer Emotionalität und großen politischen Bedeutung von Anfang an mit. Der Roman blickt auf deutsche und europäische Verhältnisse, lässt die Worte zum Himmel fliegen, spart aber gleichzeitig die Demütigungen am Boden nicht aus“, so die Jury.
Der Lyriker – und gelernter Werkzeugmechaniker – Dinçer Güçyeter schrieb sein erstes Gedicht mit acht Jahren, für den Lyrikband „Mein Prinz, ich bin das Ghetto“ erhielt er 2022 den Peter-Huchel-Preis. Güçyeter hat Theater gespielt, Stücke geschrieben, inszeniert und den Elif Verlag gegründet. Und er hat einen Text zu der Anthologie „Demokratie. Wofür es sich jetzt zu kämpfen lohnt. Impulse zur Bundestagswahl“ beigesteuert: „Ein Handeln ohne Fehler wird es nie geben, dafür ist unser Wesen zu schwach. Aber allein der Versuch, aus sich herauszugehen, die eigene Position mal von außen zu betrachten, ist ein guter Anfang.“
Sohra Nadjibi
>> 20.3., Stadtteilbibliothek Rödelheim, 8/6 €, Anmeldung & Tickets: roedelheim@stadtbuecherei.frankfurt.de
>> 25.3., Bibliothekszentrum Bergen-Enkheim mit Lese-Insel / um eine Spende wird gebeten