Ein Zuhause ist mehr als vier Wände – es ist Würde, Sicherheit, ein Neuanfang. Die Fotografin Debora Ruppert hat Menschen in acht deutschen Städten porträtiert, die nach einer Zeit auf der Straße wieder ein Zuhause gefunden haben. Zu sehen vom 21. November bis 12. Dezember in der Paulskirche.
Redaktion: Heidi Zehentner
>> 21.11.-12.12., Wandelhalle der Paulskirche, Frankfurt, 10-17 Uhr
- Führungen mit der Fotografin: 21. + 22.11., 10.12.
- Führung mit Andre Hetzel, Sozialarbeiter der MainWeg gGmbH, 12.12.
- jeweils 15 Uhr, Dauer 60-75 Minuten. Anmeldung für die Führungen: ab 12.11., eveeno.com/homestreethome-frankfurt2025-fuehrungen
- ab 25,11., 10-20 Uhr
- Eintritt und Führungen sind kostenfrei.
Ihre eindrucksvollen Bilder und Geschichten zeigen: Obdachlosigkeit ist kein Endpunkt. In Kooperation mit lokalen Housing-First-Projekten – darunter MainWeg gGmbH (main-weg.net) der Franziskustreff-Stiftung in Frankfurt – begleitet Debora Ruppert Menschen auf ihrem Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben. Housing First (efo-magazin.de/aktuelles/housing-first-gemeinsames-projekt-von-gwh-und-diakonie) stellt dabei das Zuhause an den Anfang – nicht ans Ende der Hilfe. Die multimediale Ausstellung lädt ein zum Hinschauen, Zuhören und Umdenken.
Was bedeutet es, nach Jahren auf der Straße wieder eine Tür hinter sich schließen zu können? Die Ausstellung „Home Street Home“ der Berliner Fotografin Debora Ruppert gibt Antworten – ehrlich, berührend und kraftvoll. Nach der Premiere im Deutschen Bundestag kommt die multimediale Schau nun erstmals nach Frankfurt am Main – in die Wandelhalle der Paulskirche, einen Ort, der wie kein anderer für Demokratie und Menschenwürde steht.
18 Frauen* und Männer erzählen in Bild und Ton von ihrem Weg aus der Obdachlosigkeit zurück in ein eigenes Zuhause. Ihre Geschichten handeln von Brüchen und Neuanfängen, von Sucht, Ausgrenzung, Gewalt – aber auch von Hoffnung, Solidarität und dem Mut, sich selbst wiederzufinden. Ruppert hat die Porträtierten in acht deutschen Städten begleitet – darunter Berlin, Hamburg, Essen und Frankfurt – und ihnen Raum gegeben, ihre Perspektive selbst zu gestalten: mit Selbstauslösern, Videointerviews und offenen Gesprächen.
Die Ausstellung ist mehr als eine Dokumentation – sie ist ein Appell. Denn Wohnen ist ein Menschenrecht. Und doch leben in Deutschland laut Wohnungslosenbericht 2022 rund 262.600 Menschen ohne eigene Wohnung, etwa 37.400 davon auf der Straße. Gleichzeitig fehlen über 700.000 bezahlbare Wohnungen. Die EU hat sich das Ziel gesetzt, Obdachlosigkeit bis 2030 zu beenden – ein Vorhaben, das nur mit politischem Willen und gesellschaftlichem Umdenken gelingen kann.
„Home Street Home“ zeigt, dass Wege aus der Obdachlosigkeit möglich sind – wenn man Menschen zuhört, ihnen vertraut und ihnen ein Zuhause gibt. Die Ausstellung ist eine Einladung zum Hinschauen, zum Mitfühlen – und zum Handeln.
© Debora Ruppert
CHRIS, 57 Jahre, Düsseldorf
„Für mich ist es immer schön, wenn ich die Jalousie hoch tue und da ist Himmelblau.“
Am 16. September 2025 ist Chris verstorben. Sein Porträt bleibt – als Erinnerung an seine Geschichte, an einen Weg, der von Verlust und Neubeginn erzählt.
Chris konsumierte über 40 Jahre harte Drogen und war länger im Gefängnis. Dort hat er sich geschworen, clean zu werden – was er auch geschafft hat. Darauf ist er heute sehr stolz. Seine Obdachlosigkeit war mit großer Angst verbunden, beraubt, betrogen oder gar umgebracht zu werden – eine Angst, von der obdachlose Menschen immer wieder berichten.
© Debora Ruppert
MARIA, 20 Jahre, Berlin
„Man kommt von der Street und man kommt dann so in dieses eigene Leben. Man hat auf einmal eine Wohnung zu managen, sein Leben zu managen.”
Maria lebte als Kind in Heimen und bei Pflegefamilien und wurde mit 14 vom Jugendamt aufgrund großer Probleme dort herausgenommen. Es folgten verschiedene Jugendhilfeeinrichtungen. Dieses System habe für Maria nie funktioniert, weshalb Maria bewusst einen anderen Weg wählte: das Leben auf der Straße – in Leipzig, Berlin und Salzburg. Die Erfahrungen dort waren prägend. Heute macht Maria das Abitur, will Videograf*in werden, engagiert sich u.a. im Bereich queerness, Aktivismus und Sport – und fordert von der Politik mehr Räume für junge Menschen sowie eine empowernde Sozialarbeit.
© Debora Ruppert
JENNY, 28 Jahre, Nürnberg
„Ich war nicht mehr in der Lage dazu, mich gut um meine Sachen zu kümmern.“
Psychische Probleme, Drogenabhängigkeit und finanzielle Schwierigkeiten führten dazu, dass Jenny ihre Wohnung verlor. Nach mehreren Jahren auf der Straße ergriff sie selbst die Initiative und suchte Unterstützung. So fand sie über „Housing First“ wieder ein Zuhause und möchte in naher Zukunft eine Ausbildung beginnen. Jenny wünscht sich leichter zugängliche Hilfen für Menschen auf der Straße.
© Debora Ruppert
TOM*, 25 Jahre, Frankfurt
„So ein Gefühl, nach all diesen 23 Jahren ein Zuhause gefunden zu haben. Das ist wirklich das Schönste, was es gibt.“
* Toms Wunsch war es, seine Geschichte zu erzählen, aber er wollte dabei anonym bleiben.)
Toms Mutter starb früh, sein Vater war plötzlich alleinerziehend. Zusammen waren sie aus Äthiopien nach Deutschland gekommen, jetzt wurde der Alltag zu einer Überforderung – und Tom kam zu Pflegeeltern. Danach lebte er in Heimen und Jugendhilfeeinrichtungen. Dort hat er sich oft frustriert, traurig und machtlos gefühlt. Doch sein Glaube gab ihm Kraft. Als er nicht länger in der Jugendhilfe untergebracht werden konnte, suchte er aktiv Unterstützung.