
Foto: Günzel/Rademacher, © Museum Angewandte Kunst
Museum Angewandte Kunst: Die Welt im Fluss
Eine riesige Welle erhebt sich über dem Meer, in den Wellentälern tauchen winzige Fischerboote auf, kurz davor, von der Gischt begraben zu werden. Katsushika Hokusais „Große Welle“ (1830) ist wohl eine der bekanntesten Druckgraphiken der Welt und vereint Schönheit und Gefahr in einem Bild. Die „Welt im Fluss“ zeigt japanische Kunst aus 800 Jahren. Angefangen mit verwitterten Löwen aus Holz, die als Wächterfiguren am Eingang thronen, Keramikschalen bis zur Manga-Installation von Shiriagari Kotobuki von 2008, die eine ganze Wand einnimmt. Immer wieder wird die Ambivalenz zwischen den leisen Tönen, reduziert und meditativ, und der Beschäftigung mit der großartigen, potenziell gefährlichen Majestät der Natur in den Werken deutlich. Fließendes, tosendes Wasser ist dabei ein bevorzugtes Motiv. Erstaunlich ist die schlichte Modernität in vielen Darstellungen. Yokoyama Seiki malte seinen Wasserfall mit wenigen Tuschestrichen aufs Papier, kaum zu glauben, dass das Werk schon 1862 entstanden ist. Im Teeraum von Peter Ganser und Mari Kashiwagi stehen die Utensilien, die für eine japanische Teezeremonie benötigt werden, umgeben von Dampfwolken eines Vulkans. Schon beim Eintreten muss man sich zweimal unter den weißen Stellwänden hinwegducken – hier wird ein wenig Demut gefordert, bevor man sich in den stillen Ritualraum begibt.
Ann Wente-Jaeger
>> Bis 27.4.2025, Museum Angewandte Kunst, Frankfurt, museumangewandtekunst.de