Die Initiative und Spendenplattform „Kulturzeiter*innen“ haben sich nun als Verein gegründet und möchten damit tatkräftiger als zuvor und vor allem unbürokratisch durch die Corona-Krise existenzbedrohte Künstler*innen unterstützen. FRIZZ Das Magazin sprach mit der Vorsitzenden Sarah Sorge.
Schlagkräftiger durch Vereinsbildung - Kulturzeiter*innen
Von jetzt auf gleich waren Schauspieler*innen, Musiker*innen, Tänzer*innen … die gesamten Kuturarbeiter*innen ohne Job und damit ohne Einkommen. War man sich zu Anfang noch sicher, die Krise in einigen Monaten überstanden zu haben, sieht es für die Branche nun dunkelfinster aus. Zwar haben einige Theaterbetriebe ein kleines Angebot vor stark geminderter Zuschauerzahl im Angebot. Leben aber können weder die Theater noch die Schauspieler*innen davon.
Anfang April 2020, während des Lockdowns, hat sich spontan die Initiative Kulturzeiter*innen zusammengefunden, um durch die Corona-Krise in Not geratene Künstler*innen schnell und unbürokratisch zu unterstützen. Die Initiative hat nun einen Verein gegründet, um Kulturschaffenden aus Frankfurt und Offenbach nachhaltig und noch schlagkräftiger zu helfen. „Bereits Anfang Juli hatten wir über 100.000 € gesammelt, ein toller Erfolg“, so die Vorsitzende der Kulturzeiter*innen, Sarah Sorge. „Weit über die Hälfte der bisherigen Spenden kam durch kleinere Einzelspenden zusammen, ein deutliches Signal für die große Solidarität der Bürger*innen mit ihren Kulturschaffenden. Großspenden kamen beispielsweise von der Maecenias-Stiftung, der Crespo-Foundation und der Hertie-Stiftung. Die Spenden haben wir eins zu eins weitergegeben und konnten so bislang über 200 Künstler*innen und Kulturschaffende – unbürokratisch und schnell mit je 500 € – unterstützen.“
„Der Unterstützungsbedarf ist weiterhin groß, auch wenn Stadt und Land die Not der Kultur inzwischen erkannt und eigene Unterstützungsprogramme aufgelegt haben“, so die Stellvertretende Vorsitzende Saskia Meynhardt. „Die Unterstützungsprogramme reichen jedoch bei weitem nicht aus. Trotz der Lockerungsmaßnahmen können zahlreichende Kulturschaffende noch immer gar nicht – oder eben nicht ausreichend – arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Aus diesem Grund bleibt unser Engagement so wichtig.“
Auf der Website kulturzeiterin.de rufen inzwischen fast 70 Künstler*innen zur Solidarität und zum Spenden auf und zeigen damit gleichzeitig die Vielfalt der Frankfurter und Offenbacher Kultur auf.
Schwerpunkt des Vereins bleibt die Akquise von Spenden zur Unterstützung von Künstler*innen und Kulturschaffenden, die durch die Raster der inzwischen geschaffenen Fördermöglichkeiten fallen. Darüber hinaus versteht sich der Verein als Interessenvertretung von Künstler*innen in Richtung Politik und Gesellschaft. Kulturzeiter*innen e.V. i.G. möchte für die Relevanz von Kunst und Kultur für Gesellschaft und Wirtschaft werben und für die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Künstler*innen und Kulturschaffenden eintreten.
Ist Kultur Luxus? Oder eine Notwendigkeit? Und warum?
Gerade merken wir doch alle, dass Kultur kein Luxus ist, sondern uns Verbindung, Begegnung, Anregung gibt. Und wir merken, wie sehr sie uns fehlt. Mehr vielleicht, als wir vorher geahnt haben. Insofern ist Kultur aus unserer Sicht absolute Notwendigkeit.
Warum ist ein Verein effektiver?
Als Verein können wir besser Spenden einwerben, da klar ist, wer wir sind und wer verantwortlich ist. Und wir können und wollen langfristiger denken. Denn wir haben im Lockdown gemerkt, wie prekär Künstler*innen teilweise schon vor Corona gelebt und gearbeitet haben. Wir wollen den Blick darauf stärken und uns dafür einsetzen, dass die Gesellschaft ihre Künstler*innen besser WERTschätzt, im wahrsten Sinne des Wortes gemeint, also finanziell.
Wie ist der Name entstanden?
Wir haben lange diskutiert, um was es uns geht und dabei ist herausgekommen, dass wir Angst um die Kulturzeit haben, die durch Corona verloren gehen könnte. Unsere Idee ist, die Zeit, die Künstler*innen bislang der Kunst widmen, zu finanzieren. Damit diese weitermachen und es die künstlerische Vielfalt Frankfurts und Offenbachs nach Corona noch gibt. Andererseits adressieren wir an die Menschen, die Kultur konsumieren, das, was sie vor Corona für Kunst & Kultur ausgegeben haben, also quasi ihre persönliche Kulturzeit, zu spenden.
Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um vom Verein monetär unterstützt zu werden?
Wir unterstützen Künstler*innen, die in Frankfurt oder Offenbach leben oder schwerpunktmäßig arbeiten und Unterstützung nötig haben. Hier sehen wir bei den Bewerbungen eine hohe Solidarität und Selbstdisziplin. Und: Das Künstler*in-Sein muss Tätigkeitsschwerpunkt sein. Wir unterstützen also keine Menschen, die „nur" neben dem Hauptberuf ihrer Kunst nachgehen oder hauptsächlich noch studieren.
Welche Art von Kulturarbeiter*innen unterstützen Sie? Stichwort DJs, Bands …
Wir haben unseren Kulturbegriff bewusst breiter gewählt, als es vielleicht üblich ist. Auch Clubbetreiber*innen, DJs und bspw. Zauber*innen oder andere Kleinkünstler*innen werden von uns gefördert.
Gibt es Voraussetzungen, um ihm als Mitglied beizutreten.
Menschen, die Mitglied werden wollen, sollten unsere Ziele teilen und unterstützen wollen. Hier sind alle herzlich willkommen. Ausdrücklich nicht willkommen sind Rassist*innen und Sexist*innen. Sehr herzlich willkommen hingegen sind Fördermitglieder!
Was halten Sie von den verschärften Corona-Maßnahmen der Stadt? Zu viel oder zu wenig?
Alle sind gut beraten, sich an die Maßnahmen zu halten, auch hier geht es um Solidarität. Und je schneller wir die Zahlen wieder runterkriegen, umso besser ist das auch für die Kultureinrichtungen.
>> kulturzeiterin.de, Kontakt: info@kulturzeiterin.de