
Die Corona-Maßnahmen wurden nach dem Lockdown light noch mal verschärft, eine Lockerung und damit eine Wiedereröffnung der Gastronomie, der Kinos, der Theater rückt in das Jahr 2021. Die Nöte der Menschen sind groß. Auch der im Kulturbetrieb tätigen. Nun hat die Theaterallianz ein Zusammenschluss Frankfurter Theater auf die Notwendigkeit von Kultur hingewiesen und gefordert, dass Theaterbetriebe wiederöffnen dürfen. Die Theaterallianz fordert zudem eine offen geführte Diskussion über den Stellenwert kultureller Einrichtungen.
„Es mag Kultureinrichtungen geben, wo es nicht möglich ist, die Besucher durch ein gut durchdachtes Hygienekonzept hinreichend vor einer Infektion zu schützen. Die Theater- und Konzerthäuser zählen – von Sonderfällen abgesehen – sicher nicht dazu“, ist in der Erklärung des offenen Schreibens der Theaterallianz zu lesen. „Sie haben ihre Gebäude – teilweise finanziert durch Land und Bund – zusätzlich so ausgestattet, dass Infektionen vermieden werden.“ Die Theater- und Konzertzuschauer*innen seien maximal diszipliniert, hielten sich an Vorschriften nähmen viel in Kauf, um endlich wieder Theater oder Konzerte live zu erleben. Für die Allianz ist es nicht einsehbar, warum Theater weiterhin geschlossen bleiben sollen, und fordern, „dass die Theater- und Konzerthäuser mit den entsprechenden Hygienemaßnahmen wieder geöffnet werden, auch wenn wegen der Abstandsregeln nur ein Viertel bis ein Fünftel der Plätze besetzt werden kann, dass die entsprechenden Mindereinnahmen durch einen Veranstaltungssonderzuschuss kompensiert werden und dass solo-selbstständige freie Kulturschaffende, die wegen des eingeschränkten Kulturangebots keine Arbeit finden, bis Ende 2021 unbürokratisch ein Grundeinkommen oder Unternehmerlohn von mindestens 1.500 € bewilligt bekommen.“
„Wir fordern eine Debatte über den gesellschaftspolitischen Stellenwert von Kunst und Kultur mit dem Ziel, in den kommenden Jahren Einsparungen bei der Subventionierung von kulturellen Einrichtungen und Aktivitäten zu verhindern.“ (Theaterallianz)
*Mitglieder der Frankfurter Theaterallianz: antagon theaterAKTion; Das Internationale Theater; Die Dramatische Bühne; Die Schmiere – Satirisches Theater und Kabarett Frankfurt; Frankfurter Autoren Theater; Freies Schauspiel Ensemble; Gallus heater, Interkulturelle Bühne; Kammeroper Frankfurt; Kellertheater; Kulturhaus am Zoo – Die Katakombe; Kinder- und Jugendtheater Frankfurt; Künstlerhaus Mousonturm; Neues Theater Höchst; Oper Frankfurt; Papageno Musiktheater am Palmengarten; Schauspiel Frankfurt; Stalburg Theater; Theater Alte Brücke; Theaterhaus Frankfurt; Theater Willy Praml; Volksbühne im großen Hirschgraben

Ute Bansimir
theaterperipherie und Landungsbrücken - Theater ist keine Insel
Die Forderungen der Theaterallianz sind ein ebenso nachvollziehbarer wie begründeter Notfallkatalog, um das Theaterleben am Leben zu erhalten, bei dem dennoch nicht alle Theaterbetriebe der Stadt andocken. theaterperipherie und Landungsbrücken Frankfurt haben diesen Brief nicht unterschrieben.
„Das liegt nicht daran, dass wir die Schließung nicht auch traurig, frustrierend und schade finden, dass wir es in der aktuellen Zeit nicht wichtig finden, zusammenzuhalten, solidarisch und gemeinsam eine Forderung nach Entschädigungen zu stellen“, erklären Ute Bansemir von der theaterperipherie und Linus König von den Landungsbrücken Frankfurt. „Wir haben bei dem offenen Brief den Eindruck, dass hier das Theater als ein vom Rest der Gesellschaft abgetrennter Bereich dargestellt wird. Theater ist aber keine Insel. Auch keine Insel der Seligen. Wir sind Teil der Gesellschaft.“ Die Schließung der Kultureinrichtungen steht im Kontext der Schließung vieler anderer Branchen, die ebenfalls bereits unter dem ersten Lockdown gelitten haben: Clubs, Nagelstudios, Tattoostudios und Gastronomie, um nur einige wenige Beispiel zu nennen, die ebenso eine Reihe aufwändiger Hygienemaßnahmen eingerichtet haben und nun ebenso schließen mussten.
„Das, was uns da am wenigsten weiterbringt, ist eine elitäre Diskussion über Systemrelevanz, die dann auch noch verkürzt geführt wird. Wenn wir uns so verhalten, dann wundern wir uns nicht, wenn nach der Pandemie keiner mehr ins Theater gehen will – außer wir selbst.“
„Gegen ein Virus lässt sich nicht protestieren, mit einem Virus lässt sich nicht diskutieren bzw. dem Virus ist das völlig egal, wer sich ungerecht behandelt fühlt. Es geht hier nicht um uns, sondern um die Gesamtgesellschaft. Von der wir immer wieder betonen, ein existentieller Bestandteil zu sein.“ Die Maßnahmen gäbe es nicht, weil irgendjemand Kunst und Kultur nicht so wichtig fände oder noch nicht verstanden habe oder verstehen wolle, wie elementar Kunst und Kultur und die daran beteiligten Menschen und Institutionen für eine demokratische Gesellschaft sind. „Ja, lasst uns gerne darüber reden, welche Wertschätzung eine Gesellschaft für Kultur hat, auch gerne im Vergleich zu Autos und Flugzeugen. Aber das ist eine Diskussion, die mit Corona nichts zu tun hat. Es entsteht eine spalterische Diskussion über vermeintliche Hochkultur und Unterhaltungskultur, über wichtige und vermeintlich unwichtige Freizeit, die in Zeiten einer Pandemie, in Zeiten einer Situation, die die Existenz von vielen Menschen und eben nicht nur im Theater bedroht, einfach völlig unangebracht ist.“
Das bedeute, so Bansemir und König weiter, die Theater müssen selbstverständlich geschlossen bleiben und sie dürfen zunächst auch nicht vor Publikum spielen. Das bedeute aber auch, dass man endlich adäquat, unbürokratisch, nachhaltig und vollständig entschädigt werden möchte. „Jetzt und auch in Zukunft. Und in der vielleicht entstandenen spielfreien Zeit denken wir alle mal darüber nach, welche Funktion Theater als sozialer Ort eigentlich haben kann, soll und muss.“