Lissy (Corinna Harfouch), Gerd (Hans-Uwe Bauer), Tom (Lars Eidinger) und Ellen (Lilith Stangenberg) – außer demselben Nachnamen verbindet die Mitglieder der Familie Lunies kaum etwas, ist ihnen Mitgefühl ein Fremdwort. Während es einem noch halbwegs nachvollziehbar erscheinen mag, dass sich Mutter Lissy mit Mitte Siebzig und selbst todkrank von der Pflege ihres demenzkranken Ehemanns Gerd überfordert fühlt, kann sich’s die Rabenmutter nie verkneifen, ihrem Sohn Tom fortwährend klar zu machen, wie sehr er in ihren Augen einst ein „Unfall“ war. Mit dem Erfolg, dass sowohl Nesthäkchen Ellie als auch ihr Bruder Tom zu totalen Gefühlsneurotikern herangewachsen sind. In mehreren Akten und aus verschiedenen Perspektiven erzählt Matthias Glasners biografisch inspiriertes Dreistunden-Drama „Sterben“ von den toxischen Befindlichkeiten (s)einer dysfunktionalen Familie. Da es den Ensemble-Mitgliedern bei aller theatralischen Überzeichnung immer wieder gelingt, ihre Charaktere lebensprall darzustellen, folgt man deren existenziellen Fragen zum Überleben und Sterben über sämtliche dramaturgischen Verästelungen hinweg atemlos – eine schauspielerische Tour de Force, zu Recht fürs Drehbuch bei der diesjährigen Berlinale mit einem Silbernen Bären ausgezeichnet, zudem soeben in 9 Kategorien für den Deutschen Filmpreis nominiert.
Horst E. Wegener
>> Start: 25.4. (180 Min.), Deutschland 2024, mit Lars Eidinger, Corinna Harfouch, Lilith Stangenberg, Ronald Zehrfeld, Robert Gwisdek, Anna Bederke, Hans-Uwe Bauer, Saskia Rosendahl