
Backsteinarchitektur und Kopfsteinpflaster, Konzerte, Tanz, Theater, Krisenberatung und lecker Essen: Die Hausener Brotfabrik ist einer der wenigen verbliebenen Orte der kreativen (Ausgeh-)Szene in Frankfurt und vielleicht bald Geschichte. Denn dem Kulturzentrum ist die Kündigung ins Haus geflattert. Die Eigentümerin möchte das Gelände verkaufen. Anstelle der Brotfabrik sollen dort neue Wohnungen entstehen. Und zwar schnell. Die potentiellen Käufer sind daran interessiert, den Vertrag kurzfristig aufzulösen und die alte Industriearchitektur abzureißen. Der Vorstand von Verein Brotfabrik Hausen e. V. ist entsetzt: „Die Profitinteressen der Investoren könnten einen über die Jahre gewachsenen, kreativen und kommunal bedeutsamen Platz zerstören. Um dies zu verhindern, brauchen wir den Schutz der Stadt Frankfurt.“
Der Verein setzt sich aus acht Mieterinnen und Mietern zusammen, die das Gelände gemeinsam verwalten. Insgesamt sind 13 Parteien auf dem 1.500 m² großem Areal ansässig, u. a. der Verein Kulturprojekt 21, das Frankfurter Autorentheater, das Zentrum für integrative Körpertherapie und humanistische Psychologie oder Mica’s genießbar. Nach dem ersten Schock wendet sich der Trägerverein an die Politik und an die Öffentlichkeit: „Wir sind entschlossen, alles für den Erhalt der Brotfabrik Erforderliche zu tun. Wir möchten den schönen Industriebau mit seiner langen Geschichte erhalten. Wir möchten die Brotfabrik als kulturelles und soziales Zentrum mit Flair erhalten.“ Die Reaktionen sind überwältigend, eine Flut von Unterstützer:innen-Mails erreichte den Verein. Antje te Braake, Geschäftsführerin bei Kulturprojekt 21, macht das vor allem eines: Mut. Und sie erklärt: Wir erfahren auch aus der Stadtpolitik große Solidarität. Das gibt uns Hoffnung.“
Bisher hoffte man vor allem auf das Ende der Pandemie und war erfinderisch, zum Beispiel mit einem super Musikprogramm auf der „Sommerwiese“ in Höchst. Jetzt könnte es sein, dass die Kulturinstitution nach Corona nicht mehr existiert. Das wäre nicht nur ein brutaler Verlust für Hausen sondern für ganz Frankfurt und Umgebung. Und dabei geht es nicht nur um das bunte, eigenwillige Kulturprogramm, den schönen Hof oder die sozialen Angebote. Mit dem Ende der Brotfabrik wäre auch ein großes Experiment beendet, das 1980 begann. Eine kleine Gruppe engagierter Leute ergriff damals die Initiative und gründete ein selbstverwaltetes Zentrum. Am 6. März 1981 feierte die Brotfabrik mit zahlreichen Gästen die Eröffnung. Seit 1997 ist Brotfabrik Hausen e. V. der Trägerverein des Geländes. Die Übernahme eines Generalmietvertrages und umfangreiche Sanierungen, die vom Land Hessen finanziell unterstützt wurden, sicherten den Bestand des Zentrums langfristig. Der aktuelle Mietvertrag läuft eigentlich noch bis Ende 2025 und enthält die Option auf eine zehnjährige Verlängerung.
Eine Chance für den Verein liegt in der alten Bausubstanz der Gebäude. Hausen war einst als „Mühlendorf“ bekannt. Die Brotfabrik wurde 1888 gegründet, fusionierte nach 1924 mit der Hausener Brotfabrik und beschäftigte zwischenzeitlich rund 90 Bäcker:innen und Bedienstete. Das letzte Gebäck wurde am 15. April 1972 gebacken. Für den Stadtteil gibt es eine sogenannte Erhaltungssatzung, die den historischen Ortskern bewahren soll. Das Amt für Bau und Immobilen und das Planungsamt der Stadt Frankfurt wollen jetzt prüfen lassen, ob es rechtliche Möglichkeiten gibt, den nicht unter Denkmalschutz stehenden Gebäudekomplex zu erhalten. Auch das Kulturdezernat setzt sich für den Erhalt der Brotfabrik ein. Ganz klar: Frankfurt braucht Wohnungen, aber Frankfurt braucht auch Freiraum für eine bunte, kreative Kulturszene, die die Stadt lebenswert macht. Die Brotfabrik ist ein wildes Kleinod, das sich über Jahre seinen Charme bewahrt hat. Sie ist es wert, erhalten zu werden.
Ihr könnt zum Erhalt der Brotfabrik beitragen!
Schickt eine Mail an: erhalt@brotfabrik.de.
Schildert eure schönsten Erinnerungen, Erlebnisse, Erfahrungen und Begegnungen auf dem Gelände der Brotfabrik Hausen oder schreibt, warum die Brotfabrik aus eurer Sicht erhalten werden soll.