Kalt ist es und grau ... Das heimische Wohnzimmer ist nahezu der einzige Ort, an dem man sein möchte. Einmummeln, schlafen, essen, auf den Frühling warten ... Das Ganze hier Beschriebene nennt sich Winter und ich zähle zu jenen, die diesen nicht leiden können, nicht in der Großstadt. Schön sind weiße Flocken doch nur auf unbefahrener, in den blauen Himmel ragender Fläche, Eiszapfen, schillernd leuchtend ob der winterlichen Sonnenbestrahlung, nur dann, wenn sie von knorrigen Baumästen und nicht unter Stadtdächern herabhängen, und keine Passanten mit spitzen Spitzen bedrohen. Was aber sollen Menschen dazu sagen, die sich nicht in gewärmte Wohnzimmer zurückziehen können, die in U-Bahn-Schächten oder Hauseingängen Schutz vor Kälte und Eis suchen müssen? Die Betreiber des Hausprojektes Nika in der Niddastraße haben hautnah miterlebt, was es bedeutet, wenn wohnsitzlose und drogenkranke Menschen Zuflucht auf ihrer Baustelle suchten – und das anscheinend den Zuständigen bei der Stadt so gar nicht gefiel, der Passanten und der Sicherheit der Arbeiter wegen. Nachvollziehbar, aber deswegen einen hohen Zaun um die Baustelle zu errichten, erschien den Hausherren wenig zielführend. Ein offener Brief an die Stadt folgte ... Ist es sinnvoll, diese Menschen von A nach B zu vertreiben, ist es nicht vielmehr ein Signal, wie dringend notwendig mehr Zufluchtsorte in der Stadt sind? Eine verhältnismäßig reiche Stadt wie Frankfurt sollte es Menschen, die sich zum Teil weit außerhalb der Gesellschaft befinden, ermöglichen, einen Rest würde zu erhalten, indem Orte geschaffen werden, an denen diese Ruhe, Intimität und Schutz finden, Schlaf- und Konsummöglichkeiten unter hygienischen Bedingungen und auch Toiletten. So viel Würde muss jeder und jedem zugestanden werden. Egal, ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter.
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